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Austrian Law Journal, Band 1/2017
Seite - 18 -
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ALJ 1/2017 Reinhard Jantscher 18 schaft kann aber nach ihrem Ermessen durch Anordnungen eingreifen. Sie kann auch Akte an- ordnen, die die Kriminalpolizei andernfalls selbständig gesetzt hätte. Wenn die Anordnung der Staatsanwaltschaft – wie die hM annimmt – dazu führt, dass der Akt der Kriminalpolizei der Justiz zuzurechnen ist, ist die jeweilige Angelegenheit nicht – wie es der VfGH verlangt – „zur Gänze […] zur Vollziehung entweder den Gerichten oder den Verwaltungsbehörden“67 zugewiesen, sondern beiden Staatsgewalten nebeneinander. Ob die Staatsgewalt Justiz oder die Staatsgewalt Verwal- tung einschreitet, hängt gar allein von Willensakten der beteiligten Organe ab.68 Die Rechtsfigur von der Zurechnung kraft Auftrags könnte folglich nicht auf das Argument ge- stützt werden, ihre Ergebnisse seien im Hinblick auf den Trennungsgrundsatz unbedenklich. Das Verhältnis von Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft im neuen strafrechtlichen Ermittlungsver- fahren ist im Hinblick auf den Trennungsgrundsatz jedenfalls bedenklich, wie man dieses Ver- hältnis auch im Einzelnen interpretiert bzw wie man die Grenzen der Zurechnung von Akten des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens zwischen den Staatsgewalten Justiz und Verwaltung auch zieht. Ob und wie die Durchbrechung des Trennungsgrundsatzes im strafrechtlichen Ermittlungs- verfahren gerechtfertigt werden kann, muss hier nicht näher untersucht werden.69 B. Die Abgrenzung der Rechtsschutzwege im Lichte des rechtsstaatlichen Prinzips des B-VG Die von der hM angenommene Abgrenzung der Rechtsschutzwege erscheint im Lichte des Grundrechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art 83 Abs 2 B-VG) und damit im Hinblick auf das rechtsstaatliche Prinzip des B-VG bedenklich. Nach Rsp des VfGH verpflichtet Art 83 Abs 2 B-VG „den Gesetzgeber zu einer – strengen Prüfungs- maßstäben standhaltenden – präzisen Regelung der Behördenzuständigkeit“.70 Das Gesetz müsse „die Behördenzuständigkeit derart klar und unmißverständlich zum Ausdruck zu bringen, daß es keiner subtilen Auslegungstätigkeit bedarf, um die vom Gesetzgeber gewollte Kompetenz der Behörden – auch der Rechtsmittelinstanz(en) – zu erkennen“.71 Die hM, derzufolge die Rechtsschutzwege im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach der Teilaufhebung des § 106 Abs 1 StPO anhand der Deckung von kriminalpolizeilichen Akten in An- ordnungen der Staatsanwaltschaft abzugrenzen sind, wird dem nicht gerecht. Die Probleme die- ser Abgrenzung sind im Wesentlichen ident mit den Problemen der Rechtslage vor 2008, die mit der Reform 2008 überwunden werden sollten (siehe Kap Fehler! Verweisquelle konnte nicht 67 Vgl VfSlg 19281/2010; Khakzadeh-Leiler in Kneihs/Lienbacher (Hrsg), Rill-Schäffer-Kommentar zum Bundesverfas- sungsrecht (12. Lfg 2013) B-VG Art 94 Rz 26 mwN. 68 Vgl Wiederin in Österreichische Juristenkommission 50. 69 Überzeugend erscheint die Ansicht von Storr, wonach Art 90a B-VG eine lex specialis zum Trennungsgrundsatz enthält. Art 90a S 2 B-VG schreibt vor, dass die Staatsanwaltschaft bei mit gerichtlicher Strafe bedrohten Hand- lungen Ermittlungs- und Anklagefunktionen wahrnimmt. Storr argumentiert, diese Vorschrift könne nicht so ver- standen werden, dass diese Befugnisse ausschließlich den Staatsanwaltschaften zugewiesen seien; dies wäre die Abschaffung der Kriminalpolizei, was nicht ernsthaft als Zweck des Art 90a S 2 B-VG vertreten werden könne. Dann könne aber auch die Kooperation zwischen Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei nicht unzulässig sein. Umgekehrt sei es wesentliche Funktion des Art 90a S 2 B-VG, das Zusammenwirken von Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei im Ermittlungsverfahren verfassungsrechtlich abzusichern (Storr, Der Staatsanwalt als Organ der Gerichtsbarkeit, ZÖR 2010, 269 [280]; ihm folgend Wiederin in Österreichische Juristenkommission 49). 70 VfSlg 10311/1984; Holzinger in Korinek/Holoubek et al., Bundesverfassungsrecht (5. Lfg 2002) Art 83 Abs 2 B-VG Rz 21 ff. 71 Einleitungsbeschluss in VfSlg 9937/1984.
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Austrian Law Journal Band 1/2017
Titel
Austrian Law Journal
Band
1/2017
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
56
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
Zeitschriften Austrian Law Journal
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