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ALJ 2018 Elisabeth Staudegger 8
Und schließlich wurde den AbsolventInnen zugleich mit der gesetzlichen Veröffentlichungspflicht
expressis verbis die Möglichkeit der Sperre der Nutzung einer Arbeit ex lege eingeräumt.
Flankiert von den im UrhG geregelten freien Werknutzungen zugunsten der Bibliotheken war
durch die studienrechtliche Veröffentlichungspflicht sichergestellt, dass der verfolgte Zweck auch
tatsächlich erreicht werden konnte. Die Möglichkeit um zeitlich befristete Sperren anzusuchen,
milderte potentielle Nachteile für die AutorInnen deutlich ab.
5. Zwischenergebnis
Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die Entscheidung über die Veröffentlichung einer
Dissertation nach UrhG zwar grundsätzlich den AutorInnen als UrheberInnen vorbehalten ist,
vom Gesetzgeber aber im Jahr 1997 im Studienrecht eine gesetzliche Veröffentlichungspflicht
normiert wurde, die eine Sperrmöglichkeit im Einzelfall vorsah. Der Zweck dieser Pflicht – die eine
Ablieferungspflicht an bestimmte, exakt ausgewiesene Bibliotheken inkludiert – wurde zweifach
benannt: Erstens sollte die Förderung der Forschung durch Zugang der Fachöffentlichkeit zu den
Forschungsergebnissen erreicht werden; zweitens sollte mit der Veröffentlichung eine wirksame
Maßnahme gegen Plagiate gesetzt werden.
Ergänzend wurden im Urheberrecht mit der UrhG-Nov 1996 freie Werknutzungen geschaffen, die
den Bibliotheken die Nutzung der Dissertationen für Forschungszwecke eröffnete.
Die Frage, ob eine Veröffentlichungspflicht im Sinne der grundrechtlichen Verhältnismäßigkeits-
prüfung geeignet bzw überhaupt erforderlich ist, um die angestrebten Zwecke zu verwirklichen,
erfordert im nächsten Schritt die Analyse der urheberrechtlichen Ausnahmen.
III. Urheberrecht und Forschung: Freie Werknutzungen für
„nicht erschienene Werke“
Das Urheberrecht schützt wissenschaftliche Werke wie insb Dissertationen.49 Es eröffnet aber
gleichzeitig freie Werknutzungen gerade zugunsten der Forschung, um die wissenschaftliche,
nicht-kommerzielle Nutzung dieser Werke zu ermöglichen. Dazu zählt neben dem Zitat50 vor
allem die Möglichkeit, Vervielfältigungsstücke eines Werkes anzufertigen. Nach § 42 Abs 2 UrhG
darf de lege lata jedermann von einem Werk einzelne Vervielfältigungsstücke auf analogen und
digitalen Trägern „zum eigenen Gebrauch zu Zwecken der Forschung“ herstellen, „soweit dies zur
Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist“. Den Bibliotheken kommt dabei als
Plattformen für die Vermittlung einschlägiger Werke besondere Bedeutung zu.
Das UrhG unterscheidet von Beginn an das „veröffentlichte“ Werk (§ 8 UrhG), welches „mit Einwil-
ligung des Berechtigten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist“, vom „erschienenen“ Werk
(§ 9 UrhG), das „mit Einwilligung der Berechtigten der Öffentlichkeit dadurch zugänglich gemacht wor-
den ist, daß Werkstücke in genügender Anzahl feilgehalten oder in Verkehr gebracht worden sind“. An
diese Unterscheidung knüpfen unterschiedliche Rechtsfolgen an. So war bereits in der Stamm-
49 Aus der Rsp vgl OGH 4 Ob 274/02a (Felsritzbild) = MR 2003, 162 (Walter) = ecolex 2004, 42 (Schumacher); aus der
urheberrechtlichen Literatur dazu insb Walter, Urheberrecht I Rz 173 mwN.
50 Bereits in der Stammfassung war in § 46 Z 2 UrhG an Werken der Literatur das sog wissenschaftliche Großzitat
erlaubt; seit der Urh-Nov 2015 ist das Zitat für alle Werkkategorien einheitlich in § 42 f UrhG idF BGBl I 2015/99
geregelt.
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Austrian Law Journal
Band 1/2018
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 1/2018
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 68
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal