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ALJ 2018 Open-Access-Veröffentlichungspflicht für Dissertationen 17
Zusammenfassend ist festzuhalten: § 86 UG in der geltenden Fassung verfolgt legitime, im öffent-
lichen Interesse gelegene Zwecke (insb Forschungsförderung). Das gewählte Mittel (die Abliefe-
rung einzelner Werkstücke an die Bibliothek der Alma Mater bzw an die Nationalbibliothek) ist
vor allem in Verbindung mit den seit der UrhG-Nov 1996 den Sammlungen gewährten, exakt
definierten freien Werknutzungen durchaus geeignet, den verfolgten Zweck zu erfüllen. Auch ist
mit Ausnahme einer die Veröffentlichung vertraglich regelnden Betreuungsvereinbarung, die
aber insgesamt als jeweils zu verhandelnde Einzelvereinbarung weniger effizient erscheint, kein
minder eingriffsintensives Mittel vorstellbar. Insgesamt kann – unter Berücksichtigung der vorge-
sehenen Sperrmöglichkeit – im konkreten Fall ein adäquates Verhältnis zwischen den beeinträch-
tigten Interessen der UrheberInnen einer Dissertation und den Interessen der Forschungsge-
meinschaft an der Zugänglichkeit wissenschaftlicher Werke (nämlich der Dissertationen) festge-
stellt werden, sodass die Veröffentlichungspflicht als gerechtfertigt erscheint.
C. Zur Ermächtigung, mittels Satzungsrecht die elektronische
Ablieferung/Veröffentlichung verpflichtend in einem öffentlich
zugänglichen Repositorium vorzuschreiben
Seit der Änderung des § 86 UG mittels BGBl I 2017/129 werden die Universitäten ermächtigt, in
der Satzung festzulegen, dass die Veröffentlichung „elektronisch in einem öffentlich zugänglichen
Repositorium erfolgen muss“.96 Urheberrechtlich greift diese Pflicht über die Veröffentlichung hin-
aus in das Zurverfügungstellungsrecht nach § 18a UrhG ein. § 86 Abs 1 UG räumt diese Kompe-
tenz für alle wissenschaftlichen97 Arbeiten ein,98 Abs 2 leg cit sieht Entsprechendes für die Ablie-
ferung von Dissertationen bei der Österreichischen Nationalbibliothek vor.
Auch wenn der österr Gesetzgeber den Universitäten echte, über Art 18 B-VG hinausreichende
Rechtssetzungsautonomie zugestehen wollte,99 bleibt fraglich, ob diese Ermächtigungsnorm
ausreichend bestimmt ist. Selbst wenn man dies bejahte, wäre zu prüfen, welche Anforderungen
die Satzung einer Universität, die entsprechend der Ermächtigung tatsächlich eine OA-Pflicht
vorsieht, erfüllen muss, um grundrechtlich zulässig zu sein. Ihr ist im Folgenden das Hauptau-
genmerk gewidmet. Die Ausführungen zur Bestimmtheit gelten aber gleichermaßen für die Er-
mächtigungsnorm selbst.
Die Satzung der Universität ist nach Art 81a B-VG iVm § 19 Abs 1 UG ex lege als Verordnung quali-
fiziert. Die Kompetenz zur Regelung studienrechtlicher Belange in der Satzung gründet unmittel-
bar auf § 19 Abs 2 Z 4 UG, die zur Einführung einer OA-Pflicht in der Satzung auf § 86 UG. Dabei
sind Universitäten zweifellos an die Vorgaben der Verfassung gebunden,100 unterliegen aber ganz
allgemein dem Legalitätsprinzip iSv Art 18 B-VG und so selbstverständlich auch dem Unionsrecht.
Selbst wenn der Bundesgesetzgeber die Universitäten in § 86 UG ermächtigt, eigenständig eine
96 Die Satzung der Universität Graz, § 41 Satzungsteil Studienrechtliche Bestimmungen idF Mitteilungsblatt 34.
Sondernummer Studienjahr 2017/2018, 23.a Stück vom 14. 3. 2018, sieht explizit vor, dass die/der Studiendirek-
torIn nach Anhörung der Leitung der Universitätsbibliothek sowie der Studierendenvertretung in einer Verord-
nung nähere Details der Einreichung, Archivierung und Bereitstellung wissenschaftlicher Arbeiten in elektroni-
scher Form festzulegen hat.
97 Als „wissenschaftlich“ gelten Diplom- und Masterarbeiten, nicht aber Bachelorarbeiten; vgl Perthold-Stoitzner in
Perthold-Stoitzner (Hrsg), UG3 § 80 Rz 2 (Stand 1. 10. 2016, rdb.at).
98 Auch die künstlerischen Arbeiten sind erfasst; auf sie soll hier aber nicht näher in Detail eingegangen werden.
99 Kucsko-Stadlmayer in Perthold-Stoitzner (Hrsg), UG3 Art 81c B-VG Rz 11 (Stand 1. 10. 2016, rdb.at).
100 So ausdrücklich Perthold-Stoitzner in Perthold-Stoitzner (Hrsg), UG3 § 19 Rz 3 (Stand 1. 10. 2016, rdb.at).
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Austrian Law Journal
Band 1/2018
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 1/2018
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 68
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal