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ALJ 2018 Elisabeth Staudegger 20
reichen.111 Die Formulierung in § 86 UG, „in einem öffentlich zugänglichen Repositorium“, schweigt
dazu. Eine völlig unbeschränkte Freigabe der Arbeit käme aber einer „Enteignung“ gleich, die
jedenfalls überschießend wäre und gerade im wissenschaftlichen Bereich neben Vermögensver-
lusten enorme karrierehindernde Folgen haben könnte.
d. Sperre
Weiters wäre abzuklären, wie bei Dissertationen verfahren werden soll, die nach geltender
Rechtslage mit einer Sperre versehen werden könnten (vgl § 86 Abs 4 UG). Dies betrifft insb
Drittmittelprojekte, in denen von den finanzierenden Stellen oft eine befristete Unzugänglichkeit
verlangt wird. Dass eine Veröffentlichung mit globaler Zugänglichkeit zur Dissertation von den
Drittmittelgebern als unerwünscht abgelehnt werden könnte, liegt auf der Hand. Damit aber
wäre der verfolgte Zweck, die Zugänglichkeit der Forschungsergebnisse sicherzustellen, in praxi
häufig wieder vereitelt.
e. Zusammenfassung
Soll eine OA-Veröffentlichungspflicht für Dissertationen eingeführt werden, muss deren Ausge-
staltung im Hinblick auf Inhalt, Kosten, verbleibende Rechte und Lizenzen sowie mögliche Ausnah-
men ausreichend bestimmt sein. „Veröffentlichungspflicht in einem öffentlich zugänglichen Reposito-
rium“ ist zweifellos zu unbestimmt.
2. Zur Verhältnismäßigkeit einer satzungsmäßig statuierten OA-Pflicht
Zunächst fällt auf, dass in den Materialien kein Hinweis darauf auffindbar ist, welchen Zweck der
Gesetzgeber mit der Ermächtigung zur Verpflichtung zur Zurverfügungstellung von Dissertatio-
nen in öffentlich zugänglichen Repositorien verfolgt. Mit dem lapidaren Satz, die Bestimmung sei
praktisch unverändert geblieben, wird vielmehr sachlich unzutreffend auf die ältere Fassung der
Regelung verwiesen, die eine solche Möglichkeit aber gerade nicht vorsah. Mangels konkreterer
Zweckbenennung könnte wieder die Förderung der Forschung als übergeordneter, vom Gesetzge-
ber verfolgter Zweck angenommen werden.112 Dieser wäre mE wie oben als legitim zu qualifizieren.
Die Legitimität des Mittels, eine OA-Pflicht in der Satzung vorzusehen, ist zweifellos im Sinne der
Satzungskompetenz der Universitäten ebenso zu bejahen, wie die prinzipielle Eignung des Mittels –
nämlich Forschungsförderung durch unmittelbare, weltweite online-Zugänglichkeit approbierter
Dissertationen über ein universitäres Repositorium.113
Die Erforderlichkeit des Mittels müsste jedoch differenziert geprüft werden. Wollte eine Universi-
tät nämlich von der Möglichkeit Gebrauch machen, in der Satzung eine über die gesetzlich nor-
mierte Veröffentlichungspflicht durch Abgabe von Werkstücken hinausgehende OA-Pflicht für
Dissertationen festzulegen, wäre mE zunächst festzustellen, ob bzw warum die bisherige gesetz-
liche Lösung – insb in Anbetracht der eingeräumten freien Werknutzungen – nicht genügt, den
111 Der FWF sieht für Gold Open Access Publikationen vor, die Creative Commons Attribution CC-BY Lizenz
(https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/) oder gleichwertige offene Lizenzen zu verwenden (zuletzt abge-
fragt am 28. 5. 2018).
112 Der Zweck der Plagiatsbekämpfung soll auch hier nicht weiterverfolgt werden.
113 Zumindest wenn man nicht schon auf dieser grundlegenden Stufe in Anbetracht der Informationsflut, die inzwi-
schen gerade auch in den Wissenschaften zur Realität wurde, Qualität vor Quantität stellt.
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Austrian Law Journal
Band 1/2018
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 1/2018
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 68
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal