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Austrian Law Journal, Band 1/2018
Seite - 32 -
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ALJ 2018 „Negativzinsen“ – Bestandsaufnahme und weitere offene Fragen 32 Überlassung des Bestandgegenstands zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses verfolgt haben und welche Befugnisse dem Bestandnehmer konkret eingeräumt werden sollten.48 Der durch die Vertragsteile getroffenen „Typenwahl“ generell jede Relevanz bei der Auslegung abzusprechen, wäre aber in jedem Fall überschießend. Der Geschäftswille der Parteien wird in vielen, wenn nicht sogar den praktisch meisten Fällen sehr wohl durch den ausgewählten Ver- tragstypus (mit-)beeinflusst und vorgeprägt.49 So wird man nicht ernsthaft bezweifeln können, dass sowohl die kreditgewährende Bank als auch der präsumtive Kreditnehmer eine recht kon- krete Vorstellung darüber haben, welche rechtlichen Konsequenzen mit dem Abschluss eines Kreditvertrags verbunden sind:50 Der Kreditgeber, idR also die Bank, ist zunächst dazu verpflich- tet, dem Kreditnehmer eine bestimmte Summe an Geld zu überlassen. Der Kreditnehmer muss das erhaltene Geld laufend oder am Ende der Vertragslaufzeit zurückzahlen und als Gegenleis- tung für die vorübergehende Zurverfügungstellung von Kapital ein Entgelt leisten, welches idR in Zinsen (§ 988 S 3 ABGB) und weiteren Vergütungen besteht.51 Zwischen den Parteien besteht – zumindest im Regelfall52 – Einigkeit über den zur Verwirklichung ihrer geschäftlichen Absichten (zB Immobilienkauf) geeigneten Vertragstypus (Kreditvertrag) sowie dessen Inhalt, der zeitweiligen Überlassung von Kapital im Gegenzug für die Leistung eines bestimmten Entgelts (in Form von Zinsen, Kontoführungs- und Bearbeitungsgebühren etc).53 Insoweit liegt ein „natürlicher Konsens“ vor, eine wirkliche Willensübereinstimmung. Für „Negativ- zinsen“ bleibt kein Platz. Der vertragliche Regelungsplan der Parteien sieht – abgesehen von der Zuzählung der Kreditvaluta – keine weiteren Geldleistungen des Kreditgebers an den Kreditneh- mer vor.54 Die auch in letzter Zeit immer wieder vorgebrachte Einwendung, dass die Parteien ein Abrut- schen der Referenzzinssätze in den negativen Bereich nicht vorhersehen hätten können55, trifft die hier vertretene Auffassung nicht: Die Parteien haben sich bewusst und willentlich auf ein vertrag- liches Pflichtenprogramm geeinigt, in dem die Möglichkeit einer Zahlungspflicht des Kreditgebers gegenüber dem Kreditnehmer von Vornherein nicht mitenthalten ist. 48 OGH 1 Ob 255/97z = immolex 1998, 108 (Pfiel); OGH 7 Ob 270/00g = immolex 2001, 76; OGH 8 Ob 11/04g = immolex 2004, 248; RIS-Justiz RS0020261; Riss in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 1091 Rz 1; Würth in Rummel (Hrsg), Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch I3 (2000) § 1091 Rz 1; Pesek in Schwimann/Kodek (Hrsg), Praxiskommentar zum ABGB V4 (2014) § 1091 Rz 1; Klang in Klang (Hrsg), Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch V2 (1954) 26 f. 49 Darauf weist schon Zöchling-Jud, ÖBA 2015, 321, ganz zutreffend hin. Richtigerweise dürfte – zumindest bei gewissen, in den betroffenen Verkehrskreisen allgemein bekannten Vertragstypen – eine widerlegliche Vermu- tung dafür streiten, dass die Parteien den im dispositiven Gesetzesrecht bekannten Vertrag und keinen atypi- schen Vertrag schließen wollten. Dies gilt insb dann, wenn sich im Vertragstext keine gegenteiligen Anhaltspunkte finden. 50 IdS nunmehr auch Eliskases, Anmerkung zu OGH 4 Ob 60/17b, JBl 2017, 739 (740). 51 Vgl Ertl in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 984 Rz 5; Perner in Schwimann/Kodek (Hrsg), Praxiskommentar zum ABGB IV4 (2014) § 984 Rz 3. 52 Eine abweichende Vereinbarung, deren Regelungsplan „Negativzinsen“ mitumfasst, wäre naturgemäß zulässig (OGH 10 Ob 13/17k = VbR 2017, 105), aber in der Praxis höchst unwahrscheinlich. 53 Ebenso OGH 10 Ob 13/17k = VbR 2017, 105; OGH 1 Ob 4/17w = ÖBA 2017, 510; OGH 8 Ob 101/16k = ZFR 2017, 393. 54 So offenbar auch Told, ÖBA 2017, 835 ff. 55 Vonkilch in FS Eccher 1240; Ramharter, VbR 2017, 144. Vgl in diesem Zusammenhang auch die in OGH 10 Ob 13/17k = VbR 2017, 105; OGH 4 Ob 60/17b = ÖBA 2017, 422 (krit B. Koch) wiedergegebenen erstgerichtli- chen Feststellungen.
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Austrian Law Journal Band 1/2018
Titel
Austrian Law Journal
Band
1/2018
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
68
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
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