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ALJ 2018 „Negativzinsen“ – Bestandsaufnahme und weitere offene Fragen 42
B. Aufspaltung des Sollzinssatzes
1. Der Vorschlag von G. Graf
G. Graf126 hat jüngst den Versuch unternommen, die Zulässigkeit eines Mindestsollzinssatzes damit
zu begründen, dass die Aufspaltung des Sollzinssatzes in einen fixen und einen variablen Be-
standteil zulässig sei. Hinsichtlich des variablen Teils seien die Voraussetzungen des § 6 Abs 1 Z 5
KSchG zu erfüllen. Was den fixen Teil anbelange, komme § 6 Abs 1 Z 5 KSchG hingegen erst gar
nicht zur Anwendung.127
Gegen die Zulässigkeit, den Sollzinssatz einfach in einen fixen und einen variablen Bestandteil
aufzuspalten, könnte aber sprechen, dass § 6 Abs 1 Z 5 KSchG pauschal auf das „bei der Vertrags-
schließung bestimmte Entgelt“ abstellt. Beim Kredit beinhaltet das Gesamtentgelt, das der Kredit-
nehmer schuldet, neben den laufenden Zinsen vielfach noch zusätzliche Vergütungen (zB eine ein-
malige Kreditbearbeitungsgebühr sowie ein laufendes Kontoführungsentgelt).128
Nun ergibt sich aus § 6 Abs 1 Z 5 KSchG fraglos nicht, dass das gesamte vom Kreditnehmer ge-
schuldete (Gesamt-)Entgelt zwingend zweiseitig ausgestaltet sein muss, wenn nur (aber immer-
hin) der Zinssatz variabel ausgestaltet sein soll. Die inhaltlichen Anforderungen des § 6 Abs 1 Z 5
KSchG beziehen sich richtigerweise bloß auf variable Entgeltsbestandteile. Bestehen nebeneinan-
der fixe und variable Entgeltbestandteile, müssen grundsätzlich nur die variablen den Vorgaben
des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG entsprechen.
Genau an dieser Stelle knüpft G. Graf129 an, wenn er ausführt, dass der Kreditnehmer etwa die fix
vereinbarten Kreditbearbeitungsgebühren in jedem Fall als Mindestentgelt zu zahlen hätte, egal
wie sich der vereinbarte Referenzzinssatz und der an diesen gekoppelte Sollzinssatz entwickelt.
Dem ist dem Grundsatz nach auch zuzustimmen.130
Trotzdem bestehen mE erhebliche Bedenken dagegen, eine Aufspaltung des Zinssatzes in einen
fixen und einen variablen Teil als zulässig anzusehen. Bei den Sollzinsen handelt es sich mE um
einen eigenständigen, von den übrigen Vergütungen des Kreditnehmers abgrenzbaren Entgeltsbe-
standteil.131
2. Abgrenzung von Zinsen und anderen Vergütungen
Was unter „Zinsen“ zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht näher definiert, sondern als bekannt
vorausgesetzt.132 Gemeinhin versteht man unter dem Begriff der „Zinsen“, eine feste oder verän-
126 ZFR 2017, 368 ff; zust S. Foglar-Deinhardstein, ÖBA 2018, 47. IdS bereits Zöchling-Jud, ÖBA 2016, 766.
127 Zur Absicherung seiner These verweist G. Graf (ZFR 2017, 368) auf einen Timesharing-Vertrag. Bei einem solchen
könnte ein fixes Entgelt in Höhe von 1.000 Euro mit einem variablen in Höhe von 2.000 Euro problemlos kombi-
niert werden. In dieser Konstellation seien „keine Gesichtspunkte erkennbar“, die gegen die Zulässigkeit einer der-
artigen Vereinbarung sprechen könnten. Vgl auch Ch. Rabl, ÖBA 2017, 356. ME bestehen auch bei einem Time-
sharing-Vertrag Bedenken gegen ein Mindestentgelt. Der Unterschied zur Zinsgleitklausel liegt bloß im unter-
schiedlichen Anpassungsverhältnis (dies ausführend etwa G. Graf, ZFR 2017, 369 f).
128 Ertl in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 984 Rz 5; Perner in Schwimann/Kodek IV4 § 984 Rz 3; Kronthaler,
ÖJZ 2017, 101.
129 ZFR 2017, 368 ff.
130 Inwieweit den Bedenken gegen eine prozentual bemessene Kreditbearbeitungsgebühr Berechtigung zukommt,
ist nicht Gegenstand der Untersuchung.
131 Insb von der Kreditbearbeitungsgebühr und vom Kontoführungsentgelt, welches idR indexgebunden und damit
ebenfalls variabel ausgestaltet ist.
132 Ertl in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 1000 Rz 2; Zöchling-Jud, ÖBA 2015, 322.
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Austrian Law Journal
Band 1/2018
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 1/2018
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 68
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal