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Austrian Law Journal, Band 1/2019
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ALJ 2019 Moritz Zoppel 34 ten kann der Dritte – anders als ein konkret gefährlich handelnder und realer Täter bei der über- holenden Kausalität – jedenfalls nicht zur Verantwortung gezogen werden. Aufgrund des weiter oben angesprochenen Gleichlaufes zwischen der Kausalität und der Prüfung des rechtmäßigen Alternativverhaltens bei einer Unterlassung ist es daher überzeugender, eine Brücke zur von Ko- ziol103 vertretenen Ansicht zum rechtmäßigen Alternativverhalten zu schlagen. Nach Koziol kann das bloß hinzugedachte rechtmäßige Alternativverhalten des Schädigers niemals zu einer völligen Befreiung des Täters führen. Stattdessen solle es zu einer Schadensteilung zwischen realem Schä- diger und Geschädigten kommen.104 Legt man diesen Gedanken der Frage nach der Entlastungs- wirkung des Verhaltens von hypothetischen Dritten bei der Kausalität einer Unterlassung zu- grunde, müsste konsequenterweise der Geschädigte, der für rein hypothetische Entwicklungen einzustehen hätte, gemeinsam mit dem realen Schädiger haften. Die entlastende Fiktion einer Ur- sache bei der Unterlassungsprüfung wäre, wie die fiktiven entlastenden Konsequenzen eines rechtmäßigen Alternativverhaltens nach der Ansicht Koziols, vom Geschädigten zu tragen.105 Frag- lich bleibt jedoch, mit Blick auf die vorgeschlagene Einschränkung der Hypothese, wann das Ver- halten eines fiktiven Dritten bei der Unterlassungsprüfung überhaupt miteinbezogen werden muss und zu einer Verschiebung der Haftung zu Lasten des Geschädigten führen sollte.106 Nach deutschem Recht ergibt sich ein wesentlicher Unterschied hinsichtlich der Beachtlichkeit von hypothetischen Ereignissen vielfach daraus, ob dahinter die schadenersatzrechtliche Verantwort- lichkeit eines Dritten steht oder nicht.107 Die hypothetische Haftung eines Dritten bildet nach bei- nahe einhelliger Lehre die Grenze jeder Berücksichtigung von Reserveursachen.108 Man ist sich weitgehend einig darüber, dass dies „die wertungsmäßig allein plausible Lösung“109 darstelle.110 Zum einen, weil sonst der Geschädigte leer ausginge.111 Zum anderen hätte bei Hinwegdenken des realen Ereignisses zumindest ein Anspruch des Geschädigten gegen den hypothetischen Schädiger bestanden, der allerdings durch den realen Schädiger vereitelt wurde.112 Dieses Argument sichert 103 Koziol in FS Deutsch 179 (185) 104 Koziol in FS Deutsch 179 (185). 105 Vgl zur verwandten überholenden Kausalität mit dem Zufall F. Bydlinski, Probleme der Schadensverursachung 78 ff; 95 ff; sich dem anschließend Koziol, HPR I3 Rz 3/78 ff. Die Schadensteilung wird hier allerdings wesentlich ein- geschränkt. 106 Zur alternativen Kausalität und den Figuren der kumulativen bzw überholenden Kausalität: Koziol in FS Deutsch 179 (185); zu beachten ist zudem, dass die Schadensteilung zu Ungunsten des Geschädigten zu verschieben wäre, wenn diesem zusätzlich ein Eigenverschulden zur Last fiele; siehe dazu den „Radfahrerfall“ des BGH in BGHSt 11, 1. Bei bewusster Wahl einer rechtswidrigen Handlung durch den Schädiger kommt zudem nach Koziol dem Prä- ventions- und Sanktionsgedanken ein höheres Gewicht zu, sodass eine volle Haftung des Schädigers selbst bei geringen Verstößen gegen Verhaltensnormen gerechtfertigt sei. Hier wird deutlich, dass nach Koziol die Prob- lemlösung an den Wertungen im Einzelfall orientiert werden soll. Kritisch bzw ablehnend Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1302 Rz 14, 14a, der die Unterschiede zwischen rechtmäßigem Alternativverhalten und überholender Kausalität betont und darauf hinweist, dass bei rechtmäßigem Alternativverhalten schon gar keine Handlung vor- liege, die den Schaden rechtswidrig herbeigeführt haben könne. 107 So Gebauer, Hypothetische Kausalität 386; hinsichtlich der rechtshistorischen Überlieferungen kann Gebauer auf Mommsen, Zur Lehre vom Interesse 146 ff verweisen, der die angesprochene Konstellation bereits vor mehr als 150 Jahren für nicht zu berücksichtigen ansah; von Caemmerer, Das Problem der überholenden Kausalität 21 f; vgl zum common law Hart/Honoré, Causation in Law2 235 ff, 245; der OGH hat diese Frage in OGH 28.2.2018, 6 Ob 234/17f (zu Recht) offengelassen und in 26.6.2017, 2 Ob 117/16v wohl entgegen der hL in Deutschland entschie- den. 108 Siehe etwa Gebauer, Hypothetische Kausalität 386; Wendehorst, Anspruch und Ausgleich 127 ff. 109 Wendehorst, Anspruch und Ausgleich 127 auf die ganz herrschende Meinung in Deutschland bezugnehmend. 110 Statt vieler von Caemmerer, Das Problem der überholenden Kausalität 21 f. 111 von Caemmerer, Das Problem der überholenden Kausalität 21 f; Kahrs, Kausalität und überholende Kausalität im Zivilrecht 164 ff; aA zum deutschen Recht F. Bydlinski, Probleme der Schadensverursachung 94 ff. 112 So schon Mommsen, Zur Lehre vom Interesse 149 FN 5.
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Austrian Law Journal Band 1/2019
Titel
Austrian Law Journal
Band
1/2019
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
126
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
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