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Austrian Law Journal, Band 1/2019
Seite - 55 -
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ALJ 2019 Finanzielle Sanktionen bei Nichterfüllung von EuGH-Urteilen 55 Die Nichtbefolgung eines verurteilenden Erkenntnisses des Gerichtshofs durch einen Mitgliedstaat stellt einen besonderen Fall einer Vertragsverletzung gem Art 258 AEUV dar und wird dementspre- chend auch nach einem speziellen Verfahren sanktioniert. Bei einer neuerlichen Verurteilung in einem solchen „zweiten Vertragsverletzungsverfahren“ kann der Gerichtshof gem Art 260 Abs 2 AEUV finanzielle Sanktionen (Pauschalbeträge oder Zwangsgelder) verhängen, deren Berechnung nach feststehenden Kriterien zu erfolgen hat. In diesem Zusammenhang hat die Kommission bei der Erstellung ihres Sanktionsvorschlags – zusätzlich zur Schwere des Verstoßes und seiner Dauer – immer sowohl die wirtschaftliche Lage des betroffenen Mitgliedstaates als auch dessen instituti- onelles Gewicht berücksichtigt. Dabei stellte sie bis jetzt stets auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des betroffenen Mitgliedstaates sowie auf die diesem im Rat zugeteilten gewichteten Stimmrechte ab. In einem kürzlich ergangenen Urteil wies der Gerichtshof allerdings darauf hin, dass das bisherige System der Stimmengewichtung im Rat vor zwei Jahren durch das der „doppelten Mehrheit“ ersetzt wurde; ein Verfahren, das aber aufgrund seiner Ausgestaltung nicht mehr direkt auf den Mecha- nismus zur Berechnung der finanziellen Sanktionen übertragbar ist und damit das alte System der gewichteten Stimmen für diese Zwecke auch nicht wirklich ersetzen kann.1 Dementsprechend musste nun die Kommission ein anderes Kriterium, als das der gewichteten Stimmen im Rat, für die Berücksichtigung des „institutionellen Gewichts“ des betroffenen Mitglied- staates heranziehen, das sie in der Anzahl der zugewiesenen Abgeordneten-Sitze im Europäischen Parlament für jeden einzelnen Mitgliedstaat gefunden zu haben glaubte. Dabei ist sie der Ansicht, dass mit dieser ihrer Berechnungsmethode keine ungerechtfertigten Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten verursacht werden und die dabei entstehenden Beträge auch so weit wie möglich den Beträgen nach der bisherigen Berechnungsmethode entsprechen. Dass dabei allerdings auch der „Brexit“ eine entscheidende Rolle spielen wird, liegt auf der Hand. Bevor auf diese komplexe Fragestellung näher eingegangen werden kann, muss aber ein kurzer Blick auf die bisherige Ausgestaltung des Sanktionsverfahrens bei Nichtbefolgung von Vertragsver- letzungsurteilen des EuGH geworfen werden.2 II. Formen der Ausgestaltung des Sanktionsverfahrens bei Nichtbefol- gung von Urteilen Mit Ausnahme von Art 88 Abs 3 EGKS-Vertrag (1951)3 sahen die beiden anderen Gründungsver- träge der Europäischen Gemeinschaften (EWG, EAG) (1957) kein wie immer geartetes Sanktions- verfahren bei Nichtbefolgung eines verurteilenden Erkenntnisses des Gerichtshofs (EuGH) wegen einer Vertragsverletzung vor. Ein solches wurde erstmals durch den Vertrag von Maastricht (1992) eingeführt und führte nach einer genau 45-jährigen Tätigkeit des EuGH im Jahre 1997 zu dessen erster einschlägiger Befassung in der Rs Kommission/Deutschland.4 Drei Jahre später kam es im 1 EuGH 14. 11. 2018, C-93/17, Europäische Kommission/Hellenische Republik (ECLI:EU:C:2018:903). 2 Siehe dazu allgemein Hummer, Finanzielle Sanktionen gegen Mitgliedstaaten bei Nichterfüllung von EuGH-Urtei- len, in Hummer (Hrsg), Neueste Entwicklungen im Zusammenspiel von Europarecht und nationalem Recht der Mitgliedstaaten (2010) 553 ff. 3 Bis zum Auslaufen des EGKS-Vertrages am 23. Juli 2002 wurde dieses Sanktionsverfahren allerdings nie angewen- det. 4 EuGH C-121/97, Kommission/Deutschland, am 23. September 1997 aus dem Register des EuGH gestrichen.
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Austrian Law Journal Band 1/2019
Titel
Austrian Law Journal
Band
1/2019
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
126
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
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