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Austrian Law Journal, Band 1/2019
Seite - 69 -
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Seite - 69 - in Austrian Law Journal, Band 1/2019

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ALJ 2019 Die Aussetzung (§ 334 StPO) 69 Rechte des Einzelnen zu Recht Rücksicht nehmenden Strafrechts nicht nur seltsam an, sondern ist aus rechtstaatlichen Erwägungen schlicht abzulehnen. Für ein – im Gegensatz zur hM – restriktives Verständnis des Begriffs des Irrtums in diesem Zusam- menhang spricht ferner der anerkannte Charakter der Norm des § 334 StPO als Ausnahmevor- schrift: Es ist nicht überzeugend, den Umfang der Aussetzung auf jegliche unterschiedliche, wenn- gleich auf den ersten Blick vertretbare geschworenengerichtliche Entscheidung in der Hauptsache auszuweiten, wenn zu deren Bekämpfung insofern ordentliche und begründungspflichtige Rechts- mittel zur möglichen Abhilfe zur Verfügung stehen. § 334 StPO ist daher nach vorzugswürdiger Ansicht keine Norm, die jederzeit herangezogen werden kann, sondern – gerade wegen der inne- wohnenden Durchbrechung des Prinzips des Vorrangs der Geschworenen bezüglich der Entschei- dung über die Hauptsache – nur in seltensten Ausnahmefällen, und nicht bei schlicht unterschied- licher, jedoch vertretbarer freier Beweiswürdigung greifen darf. Darüber hinaus entspricht die Sichtweise der hM und Rsp hinsichtlich des Irrtums auch in keiner Weise der ursprünglichen Konzeption der Aussetzung, welche einerseits allein zu Gunsten des An- geklagten wirkend, diesen vor Fehlurteilen bewahren sollte, sowie andererseits nur bei augen- scheinlichsten, eklatantesten Verstößen zum Tragen gelangen sollte. Die Ausweitung auf Ausset- zungen auch zu Ungunsten sowie die Konzeption der Aussetzung an sich können insofern als Ver- such der Rückgewinnung von Kompetenzen der Berufsrichter gegenüber den dem Grunde nach zur Entscheidung berufenen Geschworenen verstanden werden, welche nach derzeitig vorherr- schendem Verständnis im Ergebnis geeignet ist, die verfassungsrechtlich fundierte Geschworenen- gerichtsbarkeit österreichischer Provenienz teilweise zu entwerten. Anerkennt man insofern die Entscheidungskompetenz der Geschworenen, so ist es nur konse- quent und sachgerecht, deren Entscheidung (unter Doppelverfolgungsgesichtspunkten zumindest zu Gunsten des Angeklagten) dem Grunde nach zu akzeptieren bzw nur in gröbsten Ausnahmefäl- len der Aussetzung anheim fallen lassen.57 Erst dann, wenn die Geschworenen in tatsächlicher oder rechtlicher Weise vollkommen unvertret- bar entscheiden – sei es aus sachfremden Motiven wie Sympathie oder Antipathie für den Ange- klagten unter Außerachtlassung der Beweis- oder unter völliger Verkennung der dargelegten Rechtslage – ihnen somit eine eklatante Fehlleistung unterläuft, irren sie iSd § 334 Abs 1 StPO, und es liegt an den Berufsrichtern, solche möglichen Fehlurteile durch die Instrumente der Monitur (bei rein formellen Fehlern des Wahrspruchs)58 oder der Aussetzung (bei formell korrekten, aber behaupteten materiellen Irrtümern, zumindest zum Nachteil des Angeklagten)59 nicht In-Kraft-Tre- ten zu lassen. 57 Vgl hierzu Lewisch, AnwBl 2010, 223, welcher (entgegen seiner sonstigen Ansicht [siehe 216, 218]) die Monitur und das Aussetzungsverfahren „der Willkürvermeidung der Entscheidung“ der Geschworenen dienen“ lassen möchte. 58 Bachner-Foregger, Strafprozessordnung24 (2018) Anm zu § 334; Burgstaller in Burgstaller/Schima/Császár, Ausset- zung 5, 12; Fabrizy, StPO13 § 334 Rn 2; Lewisch, Geschworenengerichte 14, 15; derselbe, JBl 2012, 500; Philipp in WK-StPO § 334 Rn 1; vgl ferner Kirchbacher, Strafprozessrecht Rn 1091; näher zum Moniturverfahren und dessen Voraussetzungen nur Mayerhofer/Hollaender, Das österreichische Strafrecht – Zweiter Teil Strafprozessordnung5 §§ 271 – 513 (2004) § 332 Rn 3 ff.; Nimmervoll, Das Strafverfahren 584; Philipp in WK-StPO § 332 Rn 2 ff. 59 Bachner-Foregger, Strafprozessordnung24 Anm zu § 334; Burgstaller in Burgstaller/Schima/Császár, Aussetzung 5; Fabrizy, StPO13 § 334 Rn 2; Hinterhofer/Oshidari, System Rn 10.35; Lewisch, Geschworenengerichte 15 f; derselbe, AnwBl 2010, 223; Seiler, Strafprozessrecht17 Rn 959.
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Austrian Law Journal Band 1/2019
Titel
Austrian Law Journal
Band
1/2019
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
126
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
Zeitschriften Austrian Law Journal
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