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Austrian Law Journal, Band 1/2021
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Seite - 7 - in Austrian Law Journal, Band 1/2021

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ALJ 2021 Schadenersatz 7 (s § 45 ABGB).37 Die Eheabschlussfreiheit ist in ihrer negativen Ausformung nämlich gerade die Freiheit, jederzeit von einer intendierten Eheschließung (grundlos) Abstand zu nehmen.38 Soll das Abstandnehmen eines Verlobten von der Eheschließung jedoch zum Schadenersatz verpflichten, müsste man Verlobte doch verpflichtet erachten, die Ehe planmäßig einzugehen. Denn pflichtwidrig kann das Abstehen von einem (geplanten) Vertrag nur sein, wenn man die Parteien verpflichtet hält, den (geplanten) Vertrag abzuschließen.39 Hinzu tritt, dass das Abstellen auf das Abstehen von der Eheschließung nicht zur Haftung auf den Vertrauensschaden passt,40 die § 46 ABGB nach verbreiteter Ansicht normiert.41 Denn läge der Umstand, der zum Schadenersatz verpflichtet, in dem (grundlosen) Nichtabschluss der Ehe, wäre der dadurch verursachte Schaden durch Eheschließung oder wegen Ausschlusses der darin liegenden Naturalrestitution durch den Ersatz des positiven Interesses wiedergutzumachen.42 B. Erwecken des Vertrauens Herausgestellt hat sich somit, dass das Festmachen der Haftungsbegründung an der Enttäuschung des Vertrauens iSv (grundlosen) Abstehen von der Eheschließung Probleme bereitet. Diese Probleme lösen sich auch nicht auf, wenn man versucht, rechtsfolgenseitig eine Harmonisierung zur Undurchsetzbarkeit des Eheversprechens herbeizuführen, indem man für den Ersatz des Vertrauensschadens eintritt.43 Vielmehr überdeckt man dadurch bloß Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.07 [Stand: 1.8.2020] § 45 Rz 12) begründet das Verlöbnis keine Pflicht zum künftigen Schließen der Ehe. Fraglich ist der Mehrwert, den es haben kann, eine undurchsetzbare Pflicht zum Eingehen der Ehe anzuerkennen. Dadurch wird doch eigentlich in einem Atemzug zwar eine Rechtspflicht angenommen, aber das charakteristische Merkmal von Rechtspflichten, nämlich die Durchsetzbarkeit verneint (s aber auch P. Bydlinski, Bürgerliches Recht AT8 [2018] 87, der hier wohl von einer lex imperfecta sprechen würde). Selbst wenn man aber zugesteht, dass das Verlöbnis bloß eine undurchsetzbare Verbindlichkeit zum Eheschluss begründet, bleibt schwer nachvollziehbar, wie in der grundlosen Auflösung des Verlöbnisses eine Pflichtwidrigkeit liegen kann (s aber Koziol, Haftpflichtrecht II3 A 6 Rz 306). Wie kann, wenn keine (durchsetzbare) Verbindlichkeit zum Eheabschluss besteht, die „Nichteinhaltung dieser Pflicht“ rechtswidrig sein? 37 Siehe auch Schwind, Eherecht² § 46 ABGB Rz 2.1.4., der die Frage aufwirft, was bei der Auflösung des Verlöbnisses überhaupt Verschulden bedeutet. Schwind antwortet, dass die Auflösung des Verlöbnisses aus welchem Grund auch immer kein Verschulden ist, weil keine Verpflichtung zum Eingehen der Ehe besteht. Auch nach Ostheim (JBl 1980, 522 [1. Teil], 570 [578; 2. Teil] gegen Koziol, JBl 1975, 61 [63 f]) lässt sich die Schadenersatzpflicht nach § 46 ABGB nicht auf die „Verbindlichkeit zum Eheabschluss“ gründen. S auch bereits Dniestrzański, GrünhutsZ 33 (1906) 87 (162 in Fn 187 und auch 171). All das trifft sich mit der Position von Singer (Das Verbot widersprüchlichen Verhaltens [1993] 286 f mwN in Fn 83) zur deutschen Parallelregelung (§§ 1289 f BGB). Zum BGB schreibt Singer, dass sich die Ersatzpflicht nicht als Folge des Vertragsbruchs erklären lässt, weil keine Rechtspflicht zur Eheschließung besteht. 38 Pfaff, Zur Lehre von Schadenersatz 44 in Fn 132. Das liegt parallel dazu, dass die negative Seite der Vertragsabschlussfreiheit die Freiheit ist, von einem Vertragsabschluss abzusehen (s auch § 861 Satz 2 ABGB). 39 Singer, Vertrauenshaftung beim Abbruch von Vertragsverhandlungen, in FS Canaris (2002) 135 (137). 40 Nach Ackermann (Der Schutz des negativen Interesses [2007] 18) gelangt man zum Ersatz des positiven Interesses, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand in der Enttäuschung einer geweckten Erwartung (zB Nichterfüllung des vertraglichen Leistungsversprechens) liegt (s auch aaO 518). Zum Verlöbnis bereits Canaris, AcP 165 (1965) 1 (4, 13). 41 Schwind, Eherecht² § 46 ABGB Rz 4.1: „Vertrauensschaden, jedoch mit Ausschluß des Schadens, der dadurch entstand, daß infolge des Verlöbnisses eine andere Eheschließung nicht zustande kam“; Koziol, JBl 1975, 61 (64 ff, insb 66: „Ferner können alle als ersatzfähig anerkannten Schäden als Vertrauensschäden eingestuft werden.“); ders, Haftpflichtrecht II3 A 6 Rz 307; Stabentheiner in Rummel, ABGB³ § 46 Rz 7: „Wirklicher Schaden ist Vertrauensschaden […], in der Höhe des positiven Vermögensschadens“; Koch in Koziol/P. Bydlinski/Bollenberger, ABGB6 § 45 Rz 4; Hopf/Kathrein, Eherecht³ § 46 ABGB Rz 7; Smutny in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.07 § 46 Rz 15. S auch bereits Pfaff, JBl 1887, 449 (450 in Fn 98). 42 Siehe dazu ferner H. Stoll in FS v. Caemmerer (1978) 435 (446); Ackermann, Negatives Interesse 506 f. 43 Siehe aber Koziol, Haftpflichtrecht II3 A 6 Rz 307.
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Austrian Law Journal Band 1/2021
Titel
Austrian Law Journal
Band
1/2021
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
59
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
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