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Austrian Law Journal, Band 1/2021
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ALJ 2021 Schadenersatz 9 moderner gewendet – dass die bekundete Bereitschaft des anderen zum Eheschluss zu Dispositionen im Hinblick auf das Eingehen der Ehe veranlasst. Derartiges Misstrauen als eine nicht ernst zu nehmende Alternative zum Anerkennen von Vertrauen, das das Gesetz schützt, zu qualifizieren, findet auch normative Anhaltspunkte. So will Misstrauen als Grundlage für das Verhalten von Verlobten nicht Recht dazu passen, dass die Verlobten durch den Abschluss der intendierten Ehe dazu verpflichtet werden, das Vertrauen zu wahren, das für eine funktionierende Gemeinschaft unerlässlich ist.48 Damit will nicht behauptet werden, dass es die – ja noch nicht geschlossene – Ehe ist, aus der die Pflicht zur Vertrauenswahrung resultiert.49 Denn das liefe darauf hinaus, dass die Ehe quasi eine pflichtenbegründende Vorwirkung entfalten müsste. Jedoch ist nicht einzusehen, warum nicht auch schon im Vorstadium zur Ehe der Gedanke des Vertrauensschutzes tragende Bedeutung haben sollte.50 Hinzu tritt, dass die Beteiligten, wenn sie der Verlobung misstrauen sollten und sich daher rechtsgeschäftlich gegen ihr Schadensrisiko absichern wollten, vor einer besonderen Herausforderung stünden. Diese Herausforderung beim Gestalten ihrer Absicherung resultiert daraus, dass die Lehre die Unverbindlichkeit „zur Leistung desjenigen, was auf den Fall des Rücktrittes bedungen worden ist“ (§ 45 ABGB) unter Verweis auf das Vermeiden indirekten Zwangs zur Eheschließung51 tendenziell weit versteht.52 So ist vom Verbot von Vereinbarungen die Rede, nach denen den Verlobten für den Fall des Rücktrittes ein Vermögensnachteil treffen soll,53 die die Ungebundenheit der Verlobten beeinträchtigen (s § 45 ABGB),54 die eine von vornherein fixierte Leistung für den Fall der Verlöbnislösung bestimmen55 oder die der Bekräftigung des Verlöbnisses dienen.56 Deshalb liegt es nicht nur psychologisch fern, sich beim Verloben sprichwörtlich im Handumdrehen gegen das Nichteingehen der Ehe vertraglich abzusichern. Vielmehr bezweckt § 45 ABGB gerade den Schutz der Eheabschlussfreiheit der Verlobten, deren neu begründete Gemeinschaft ohne Erfolges tätigt. Es sei daher natürlich, dass der Ehe eine Verabredung vorausgeht. S auch aus der jüngeren Literatur Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR (2011) § 45 ABGB Rz 3. 48 Das Wahren des Vertrauens, das für eine funktionierende Gemeinschaft unerlässlich ist (s dazu ferner auch im Zusammenhang mit der Begründung gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten RIS-Justiz RS0061585), ist nach hA Teil der zwischen Ehepartnern bestehenden Treuepflicht (vgl Schwind, Eherecht2 § 90 ABGB Rz 6; Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR § 90 ABGB Rz 29; Ferarri in Schwimann/Kodek, ABGB I5 § 90 Rz 10; Hopf/Kathrein, Eherecht³ § 90 ABGB Rz 11). 49 In diese Richtung aber in der Tat noch in einem verwandten Zusammenhang RG III 472/14 JW 1915, 577 Nr 10; RG VII 95/18 RGZ 95/20 (S 58) = JW 1919, 35 (Oertmann). 50 Im Verhandlungsstadium, also im Vorstadium zum Rechtsgeschäft, anerkennt der OGH, dass Vertrauen eine tragende Bedeutung hat (RIS-Justiz RS0119785). Insofern scheint es aber nur ein verhältnismäßig kleiner Schritt, Vertrauen auch im Eherecht, nämlich quasi im Vorstadium zur Ehe Bedeutung zuzuerkennen. 51 Siehe auch Beratungsprotokolle zum ABGB, abgedr bei Ofner, Protokolle I 69. 52 Siehe auch Canaris (Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht [1971] 544), nach dem das BGB beim Verlöbnis die Möglichkeit zum privatautonomen Selbstschutz ausschließt. S dagegen aber mit beachtlichen Gründen Singer (Widersprüchliches Verhalten 291), dessen Ansatz später Canaris (Die Vertrauenshaftung im Lichte der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, in 50 Jahre Bundesgerichtshof Festgabe aus der Wissenschaft [2000] 129 [181 in Fn 240]) zugestimmte. 53 Rittner, Eherecht 360 in Fn 5. 54 Hopf/Kathrein, Eherecht³ § 45 ABGB Rz 4. 55 Ferrari in Schwimann/Kodek, ABGB I5 § 45 Rz 4. 56 Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR § 45 ABGB Rz 19.
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Austrian Law Journal Band 1/2021
Titel
Austrian Law Journal
Band
1/2021
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
59
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
Zeitschriften Austrian Law Journal
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