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Austrian Law Journal, Band 1/2021
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ALJ 2021 Schadenersatz 11 § 45 ABGB dem Eheverlöbnis keine rechtliche Verbindlichkeit gewährt, so behält es diesem in § 46 ABGB doch vor, einen Anspruch auf Schadenersatz zu begründen. Folglich findet die Vorstellung der Redaktoren, dass sich der Schadenersatz auf dem Versprechen des künftigen Eheschlusses gründet (s Punkt IV.B.2.), Niederschlag im Gesetzeswortlaut. Außerdem verträgt es sich durchaus mit dem Gesetzeswortlaut, den Umstand, der zum Schadenersatz verpflichtet, an der Erklärung festzumachen, sich in Zukunft ehelichen zu wollen. Mit der hiesigen Sicht, den Umstand, der zum Ersatz verpflichtet, im Erwecken der Erwartung des künftigen Eheschlusses zu erblicken, harmoniert außerdem, dass § 46 ABGB den Schadenersatzanspruch nicht undifferenziert den Verlobten gewährt. Nach dem expliziten Gesetzeswortlaut gebührt der Ersatzanspruch nur „dem Teile, von dessen Seite keine gegründete Ursache zu dem Rücktritt entstanden ist“. Das harmoniert mit einer Haftung wegen des Erweckens von Vertrauen durch die erklärte Bereitschaft zur Eheschließung, weil kein Grund dafür ersichtlich ist, dass jemand, der eine gegründete Ursache zum Rücktritt gibt, in seinem Vertrauen auf die Eheschließung (noch) schutzwürdig sein sollte. Vielmehr fehlt bei der hiesigen Konstruktion gerade auf seiner Seite ein Grund, der es rechtfertigen könnte, ihm an sich einen Schadenersatzanspruch zu gewähren.62 Schließlich fällt die wenig konkrete Formulierung „gegründete Ursache“ ins Auge.63 Unter dieses Tatbestandsmerkmal werden heute insbesondere Umstände subsumiert, die die Scheidung rechtfertigen, wenn die Ehe geschlossen worden wäre.64 Auch das trifft sich mit der hier vertretenen Ansicht, dass der Umstand, der zum Ersatz verpflichtet, im Vertrauenserwecken liegt. Denn vernünftigerweise kann beim Vorliegen eines Umstands, der zur Scheidung berechtigt, das Eingehen der Ehe nicht erwartet werden. Demgemäß darf vernünftigerweise nicht darauf vertraut werden, nicht aus diesem Grund verlassen zu werden.65 Außerdem gibt ein Umstand, der zur Scheidung berechtigt, einem Ehegatten das Recht, sich der Pflichten zu entsagen, die die geschlossene Ehe begründet. Abstrakt betrachtet liegt somit ein Grund vor, der den Schuldner nach Abschluss eines Vertrags berechtigt, sich von seiner Erfüllungspflicht zu lösen. Das Erfüllungsinteresse des Gläubigers genießt also keinen gesetzlichen Schutz (mehr). Dann müssen aber auch Dispositionen, die der Gläubiger im Vertrauen auf die künftige Erfüllung getätigt hat, ein Risiko bleiben, das der Gläubiger zu tragen hat. Denn ansonsten wäre das Lösungsrecht des Schuldners mittelbar beeinträchtigt, respektive bliebe der Gläubiger geschützt (s aber § 45 ABGB). Für den Fall, 62 Siehe dazu noch unten in Kapitel V. bei Fn 74. 63 Es war eine bewusste Entscheidung der Redaktoren, die Tatsachen, die eine „gegründete Ursache“ sein können, nicht näher zu konkretisieren. Denn in den Beratungen des Jahres 1802 (abgedr in Ofner, Protokolle I 70) machte das böhmische Appelationsgericht die Erinnerung, dass zur „Beschränkung der richterlichen Willkür in dem Gesetzbuche die gerechten Ursachen des Rücktrittes angegeben werden sollten.“ Von dieser Erinnerung wurde jedoch nicht Gebrauch gemacht. Zeiller bemerkte dazu, dass sich die gerechten Rücktrittsursachen nicht aufzählen lassen, weil auf die besonderen Verhältnisse gesehen werden müsse und es wohl keinem Gericht entgehen dürfte, „daß diejenigen Umstände, welche die Ehe sogar ungiltig machen, oder schlechte Sitten und ansteckende Krankheiten, von welchen der § 78 erwähnet, ebenfalls gerechte Ursachen zum Rücktritte sein müssen.“ 64 Stabentheiner in Rummel, ABGB3 § 46 Rz 4; Hinteregger in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 46 Rz 3; Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR § 46 ABGB Rz 10; Hopf/Kathrein, Eherecht³ § 46 Rz 5. S auch bereits Zeiller, ABGB I § 46 Anm 3 (S. 174). 65 Vgl Canaris, AcP 165 (1965) 1 (28).
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Austrian Law Journal Band 1/2021
Titel
Austrian Law Journal
Band
1/2021
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
59
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
Zeitschriften Austrian Law Journal
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