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Austrian Law Journal, Band 1/2021
Seite - 19 -
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ALJ 2021 Schadenersatz 19 des Verschuldensprinzips seitens der Redaktoren de lege lata zu akzeptieren ist, weil die Entscheidungsprärogative zur Gestaltung eines Tatbestands beim Gesetzgeber liegt.116 Dagegen schlägt auch das Argument nicht durch, dass zwischenzeitlich die Wertung des historischen Gesetzgebers überkommen ist. Vielmehr lässt sich die historische Präferenz einer verschuldensunabhängigen Haftung auch objektiv teleologisch abstützen, sofern man anerkennt, dass eine Ehe – auch heute noch – reiflich überlegt sein sollte.117 Unter dieser Prämisse scheint es nämlich durchaus sinnvoll, eine Zurückhaltung gegenüber der Erklärung, zur zukünftigen Eheschließung bereit zu sein, einzumahnen.118 Das gilt umso mehr, wenn man davon ausgeht, dass Ehen auch heute noch nicht ohne Voranstalten und Vorausgaben geschlossen werden,119 maW ein Verlöbnis Dispositionen veranlasst. In dieser Hinsicht verdient unter dem Gesichtspunkt der Verhaltenssteuerung eine verschuldensunabhängige Haftung gegenüber einer verschuldensabhängigen Haftung den Vorzug. Denn die verschuldensunabhängige Haftung setzt einen Anreiz, Zurückhaltung walten zu lassen, wenn die Zeit reif scheint, zu erklären, zukünftig die Ehe eingehen zu wollen.120 Für diese Verhaltenssteuerung spricht außerdem, dass das ABGB dem privatautonomen Selbstschutz Grenzen setzt (s § 45 ABGB). Weiters droht gegen die verschuldensunabhängige Haftung auf den Vertrauensschaden der Einwand, dass nach den Vorstellungen der Gesetzesverfasser auch bei § 46 ABGB die Regel eintritt, „daß der Zufall nur dem Eigenthümer schade (casus nocet domino).“121 Dieser Einwand ist gewichtig. Aus diesem Einwand wird nämlich in Verbindung mit der heutigen Interpretation des § 1311 S 1 ABGB, nach der bei zufälliger Schädigung jener den Schaden zu tragen hat, in dessen Vermögen bzw Person der Schaden eintritt,122 ein Argument für eine Verschuldenshaftung gewonnen.123 Dieses Argument relativiert jedoch der Gedanke, dass die Wirkung der „Regelung des Zufalles“ davon abhängt, mit Bezug auf wen von welchem Ereignis 116 Das wird zwar nicht immer so artikuliert. In diesem Sinn betonte allerdings etwa R. Welser (Vertretung 166 in Fn 21) im Zusammenhang mit dem einst ähnlich gelagerten Problem der handelsrechtlichen Scheinvertreterhaftung, dass es dem Gesetzgeber freisteht, „von der Verschuldenshaftung zur Verursachungshaftung oder ‚Garantiehaftung’“ überzugehen. In diese Richtung dürfte auch Krejci (Abschied von der falsus-procurator-Haftung nach Art 8 Nr 11 EVHGB, in FS R. Welser [2004] 559 [569]) in seinen Überlegungen zur Gestaltung der Scheinvertreterhaftung im Zuge des HaRÄG 2005 abzielen. Denn Krejci meint, dass es eine „Wertungsfrage ist, mit welchem Nachdruck und wie weit die Rechtsordnung denjenigen verfolgt, der durch unwahre Angaben den Dritten in eine für diesen nachteilige Situation lockt.“ 117 Vgl dazu bereits die Erinnerung von Sonnfels (abgedr bei Ofner, Protokolle I 69). Nach dieser Erinnerung war der Zweck, dem Eheversprechen durch das Josephinische Gesetz alle Wirkung zu nehmen, einem so wichtigen Geschäft wie die Ehe, „alle Übereilung, Verführung, u. dgl. möglichst zu beseitigen“. Insofern dürfte seine Erinnerung aber auf Zustimmung bei den übrigen Stimmen (abgedr aaO) gestoßen sein. 118 Vgl Ofner, Protokolle I 70: „Eine Verfügung hierüber sei auch umso nothwendiger, da jedem Ehevertrag doch immer eine Gattung Eheverlöbnis, […], vorausgeht; und wenn dieses ohne alle Folgen wäre, aller Muthwillen dabei statt haben könnte“. 119 Siehe auch die Nachweise in Fn 47. 120 Siehe dazu ferner auch bereits in Fn 33. 121 Beratungsprotokolle zum ABGB, abgedr bei Ofner, Protokolle I 71. S auch Zeiller, ABGB III/2 § 1311 Anm 1 (S. 736); dens, Jährlicher Beytrag III 126. 122 ZB, Schacherreiter in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.07 (Stand: 1.5.2020) § 1311 Rz 1; Wagner in Schwimann/Kodek, ABGB VI4 (2016) § 1311 Rz 1 und Rz 2. 123 Koziol, JBl 1975, 61 (62 f); s dazu aber auch bereits in Fn 31 f.
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Austrian Law Journal Band 1/2021
Titel
Austrian Law Journal
Band
1/2021
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
59
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
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