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Austrian Law Journal, Band 1/2021
Seite - 36 -
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ALJ 2021 Lindenbauer 36 das Kohärenzerfordernis als eine spezielle Facette des jeweiligen Prüfungsschrittes im Rahmen der üblichen Rechtfertigungsprüfung zu behandeln ist. Wie die folgenden Ausführungen auf Basis einschlägiger Judikatur zeigen werden, sind die Auswirkungen dieser Anforderung daher vielfältig. Zuvor soll jedoch noch kurz anhand diverser Stimmen aus der Literatur zusammengefasst werden, was dieses „Kohärenzerfordernis“ des EuGH im Zusammenhang mit der Verhältnismäßigkeitsprüfung überhaupt bedeutet.90 1. Bedeutung des Kohärenzgebotes Sobald ein Mitgliedstaat durch seine Maßnahmen die Grundfreiheiten einschränkt, fordert der EuGH mit dem Kohärenzgebot91 „eine konsequente und widerspruchsfreie Politik“.92 Es wird eine gewisse Ernsthaftigkeit bei der Zielverfolgung erwartet.93 Daher müssen die jeweiligen Maßnahmen tatsächlich und widerspruchsfrei zur Erreichung der offiziell verfolgten Ziele geeignet sein.94 Negativ kann die Kohärenz eines nationalen Regelungsregimes als das Fehlen von sachlich nicht gerechtfertigten Widersprüchen, welche eine an sich legitime Zielsetzung unterminieren würden, umschrieben werden.95 Es darf keine wie auch immer ausgestaltete „Unterwanderung“ der vorgegebenen Ziele zugelassen werden,96 sondern sämtliche Maßnahmen des betreffenden Mitgliedstaates müssen einer internen Logik folgen.97 Als insgesamt wohl treffendste Umschreibung kann Kohärenz schließlich als „Widerspruchsfreiheit und konzeptionelle Stimmigkeit von Einzelmaßnahmen zur Erreichung eines konkreten Ziels“98 bezeichnet werden. 2. Auswirkungen auf die Rechtfertigungsprüfung Welche Auswirkungen können nun festgestellte Inkohärenzen auf die Rechtfertigungsprüfung haben? Denkbar wäre, die Kohärenzprüfung rein dem Test in Bezug auf die Geeignetheit einer Maßnahme zuzuordnen.99 Nach dieser Ansicht würden Inkohärenzen stets nur Einfluss auf das Ergebnis der ersten Ebene der 90 Allgemein gilt das Kohärenzgebot im Unionsrecht als „Bemühen um ein aufeinander abgestimmtes, zusammenhängendes Verhalten, das die gleiche Zielsetzung mit vergleichbaren Mitteln in verschiedenen Bereichen verfolgt und dadurch eine widerspruchsfreie Politik ermöglicht“ (Hilf in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union [Loseblattslg 40. ErgLfg] Art 1 EUV Rz 29). Im Hinblick auf die verschiedenen Facetten dieses allgemeinen unionsrechtlichen Kohärenzgebotes sei als Abgrenzung darauf hingewiesen, dass der Begriff im Rahmen dieser Arbeit ausschließlich als Kennzeichnung für die Anforderung des EuGH verwendet wird, wonach nationale Regelungen, welche die Grundfreiheiten beeinträchtigen, ihre Ziele „in kohärenter und systematischer Weise“ verfolgen müssen, um einer Rechtfertigung zugänglich zu sein. 91 Das Kohärenzgebot wird teilweise auch – vielleicht sogar treffender – als Konsistenzgebot bezeichnet. Vgl Dederer, Konsistente Glücksspielregulierung – Eckpunkte aus den Sportwetten-Urteilen des EuGH vom 8.9.2010, EuZW 2010, 771 (772); Lippert, EuR 2012, 90. 92 Talos/Strass, Das Kohärenzgebot im Glücksspielsektor, wbl 2013, 481 (482). 93 Vgl Frenz, Kohärente und systematische nationale Normgebung – nicht nur im Glücksspielrecht, EuR 2012, 344 (349). 94 Vgl Stadler/Aquilina, Apropos LG Linz: Glücksspielmonopol fällt bei Kohärenzprüfung durch, ecolex 2015, 442; Stadler/Aquilina, Monopol versus Unionsrecht – zurück zum Start? ÖBl 2015, 108 (113). 95 Mathisen, Common Market Law Review 2010, 1023 f. Siehe auch EuGH 17.7.2008, C-500/06, Corporación Dermoestética, Rn 39. 96 Vgl auch Thalmann, Bedarfsprüfung und Rechtfertigungsbedarf: Selbstständige Ambulatorien im Lichte der Niederlassungsfreiheit, European Law Reporter 2009, 291 (297). 97 Vgl Drijber/Cadenau, Discrimination and beyond, in van de Gronden/Szyszczak/Neergaard/Krajewski, Health Care and EU Law (2011) 72. 98 Leidenmühler, Das Glücksspielmonopol auf dem Prüfstand des Kohärenzgebots. Zugleich eine Anmerkung zu OGH 27.11.2013, 2 Ob 243/12t, MR 2014, 42 (43). 99 So zB Klamert, EU-Recht2 Rz 660; Ehlers in Ehlers, Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten4 § 7 Rz 130; Talos/Strass, wbl 2013, 482. Vgl auch Kingreen in Calliess/Ruffert, EUV/AEUV5 AEUV Art 36 Rn 92.
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Austrian Law Journal Band 1/2021
Titel
Austrian Law Journal
Band
1/2021
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
59
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
Zeitschriften Austrian Law Journal
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