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ALJ 2021 Lindenbauer 48
Gegensatz zu sonstigen Mobiliarsicherheiten nur an einer konkreten Kaufsache begründet
werden kann und die Höhe der Haftungssumme mit der Höhe des Kaufpreises begrenzt
ist.182 Es bestehen also durchaus wesentliche Unterschiede zwischen dem
Eigentumsvorbehalt und den sonstigen Mobiliarsicherheiten, weswegen von einer sachlichen
Rechtfertigung der Sonderbehandlung im Hinblick auf das Publizitätsprinzip auszugehen ist.
Selbst wenn man diese dogmatische Begründung der Ausnahme des Eigentumsvorbehaltes
vom Publizitätsprinzip als unbefriedigend erachten sollte, so ist doch zu konstatieren, dass in
der Praxis ein großes ökonomisches Interesse an einem praktischen und kostengünstigen
dinglichen Sicherungsinstrument für Anschaffungsfinanzierungen besteht, dem mit der
Anerkennung des publizitätslosen Eigentumsvorbehalt nachgekommen werden soll.183 Nicht
umsonst wird der publizitätslose Eigentumsvorbehalt auch in anderen Rechtsordnungen
anerkannt, welche eigentlich ein mehr oder weniger strenges Publizitätsprinzip verfolgen.184
Bedenkt man die grundsätzlich offene Herangehensweise des EuGH,185 so könnte man wohl
auch diesen Umstand bei der Rechtfertigung berücksichtigen.
Aufgrund der jahrzehntelangen Praxis im Interesse der Rechtsunterworfenen besteht in
Bezug auf den Eigentumsvorbehalt jedenfalls keine Gefahr für den Rechtsverkehr, sich mit
einer unbekannten Mobiliarsicherheit auseinandersetzen zu müssen. Als Zwischenfazit bleibt
daher festzuhalten, dass der Eigentumsvorbehalt weder eine ungerechtfertigte Ausnahme
vom numerus clausus bzw dem Typenzwang, noch vom grundsätzlich strengen
Publizitätsprinzip begründet und daher nicht vom Vorliegen einer Inkohärenz iSd
Rechtsprechung des EuGH in Bezug auf das Ziel der Aufrechterhaltung der österreichischen
Güterordnung auszugehen ist. Entgegen diverser Ansichten in der Literatur ist die
Nichtanerkennung einer ausländischen, publizitätslosen Sicherheit zum Schutz der
Güterordnung also nicht schon aufgrund der grundsätzlichen Anerkennung des
(publizitätslosen) Eigentumsvorbehaltes unverhältnismäßig.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass umgekehrt jede Nichtanerkennung von publizitätslosen
ausländischen Mobiliarsicherheiten automatisch verhältnismäßig ist. Wie oben erläutert,
muss eine restriktive Maßnahme im Hinblick auf die Erreichung der verfolgten Ziele ganz
allgemein immer sowohl geeignet als auch erforderlich und angemessen sein. Diese
Voraussetzungen mögen zwar bei einer der inländischen Rechtsordnung gänzlich
unbekannten Mobiliarsicherheit gegeben sein.186 Ist eine ausländische Mobiliarsicherheit
jedoch sowohl mit dem numerus clausus und dem Typenzwang als auch mit dem
Publizitätsprinzip zu vereinbaren, wäre deren Nichtanerkennung zum Schutz der
Güterordnung wohl weder geeignet noch erforderlich – und damit unionsrechtswidrig. Wie
182 Vgl FN 170.
183 Siehe bereits bei FN 168 f. Zum Bedürfnis des Rechtsverkehres vgl weiters Faber, ÖBA 2019, 408; Faber, ZFR 2020, 280 f;
Binder/Spitzer in Schwimann/Kodek, ABGB Praxiskommentar4 § 1063 Rz 19; Verschraegen in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.08
§ 1063 Rz 9 mwN.
184 Vgl FN 167.
185 Vgl die Ausführungen bei FN 38.
186 Vgl in diesem Zusammenhang Berner, Wohlerworbene Rechte 348 ff, welcher zwar eine grundsätzliche Geeignetheit und
Erforderlichkeit der Nichtanerkennung von deutschem Sicherungseigentum zum Schutz der Sachenrechtsordnung
Österreichs bejaht, allerdings die Angemessenheit verneint, weil die Anerkennung des Eigentumsvorbehaltes zeigen würde,
dass dem Publizitätsprinzip keine derartig überragende Bedeutung zukommt, welche das Interesse am freien Binnenmarkt
überwiegt. Eine derartige Argumentation kann jedoch wohl insbesondere dann nicht greifen, wenn es – wie hier – eine
sachliche Begründung für die Sonderbehandlung des Eigentumsvorbehaltes gibt.
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Buch Austrian Law Journal, Band 1/2021"
Austrian Law Journal
Band 1/2021
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 1/2021
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 59
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal