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ALJ 2021 Mobiliarsicherheiten 51
Schuldners gehört oder nicht.197 Letztendlich soll dem potentiellen Gläubiger durch das
Publizitätsprinzip also ermöglicht werden, das konkrete Kreditrisiko im Einzelfall
abzuschätzen.198 Wie ebenfalls bereits ausgeführt, wird die Geeignetheit der Publizitätspflicht
im Hinblick auf dieses Ziel jedoch zT erheblich bezweifelt. Dritte würden nämlich schon ganz
grundsätzlich nicht damit rechnen können, dass sämtliche beim Schuldner befindlichen
Sachen zum Haftungsfonds gehören. Dazu trage vor allem die anerkannte Rechtsfigur des
Eigentumsvorbehaltes bei.199 Die Sachen könnten aber beispielsweise auch geliehen,
gemietet, geleast oder verkauft und bereits mittels Besitzkonstitut übergeben sein.200
Diesen Überlegungen ist insofern zuzustimmen, als durch Gewahrsame alleine tatsächlich
niemals auf den Haftungsfonds geschlossen werden kann. Durch das Faustpfandprinzip als
solches wird noch nicht klar, ob eine Sache zum unbelasteten Vermögen des Schuldners
gehört oder nicht. Anstatt daraus bereits eine Inkohärenz in Bezug auf das Ziel des
Gläubigerschutzes abzuleiten, erscheint es jedoch vielmehr geboten, zunächst das
Publizitätskonzept als solches zu hinterfragen. Es ist nämlich ernsthaft zu bezweifeln, ob das
Faustpfandprinzip überhaupt ein berechtigtes Vertrauen dahingehend schaffen will, dass ein
Schuldner jedenfalls Eigentümer der in seinem Besitz befindlichen Sachen ist.201 Da sich stets
fremdes Eigentum in der Gewahrsame eines Schuldners befinden kann, ist es dazu
schließlich gar nicht in der Lage. Womöglich wird dem Eigentumsvorbehalt daher vielfach die
Unterminierung eines Zieles vorgehalten, das es so gar nicht gibt. Bevor auf mögliche
Inkohärenzen in Bezug auf das Ziel des Gläubigerschutzes eingegangen wird, soll daher noch
das eigentliche Ziel des Faustpfandprinzipes erörtert werden.
Bereits Hromadka hob hervor, dass ein Faustpfandrecht grundsätzlich niemals positiv
erkennbar ist. Darauf würden die strengen Publizitätserfordernisse aber auch nicht abzielen.
Der Drittgläubigerschutz solle vielmehr durch das umgekehrte Prinzip der negativen
Publizität erreicht werden.202 Ein Interessent könne zwar aus dem Besitz nicht auf ein
Pfandrecht schließen – sehr wohl aber werde er bei fehlender Gewahrsame daran gehindert,
den Schuldner für den Berechtigten zu halten.203 Nach diesem Prinzip sollen verpfändete
Sachen daher „aus dem sichtbaren Vermögen des Schuldners verschwinden; dem
Verpfänder soll die Möglichkeit genommen werden, sie als unbelastet auszugeben.“204 Im
Ergebnis sollten dadurch „[i]m Besitz des Schuldners befindliche Sachen […] unbelastet sein,
belastete Sachen sich umgekehrt nicht im Besitz des Schuldners befinden.“205 Dieser Ansatz
weist bereits auf die tatsächliche Funktion des Faustpfandprinzipes hin. Die Schlussfolgerung
197 OGH 5 Ob 233/13w.
198 Vgl auch Schacherreiter, ZfRV 2005, 183.
199 Siehe nur OGH 3 Ob 249/18s. Vgl auch FN 9.
200 Siehe FN 82.
201 AA offenbar OGH 3 Ob 249/18s, Abschnitt 6.3.4.
202 Siehe nur Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips im 18. und 19. Jahrhundert (1971) 178.
203 Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips 10 f.
204 Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips 177 f. Siehe auch Hromadka aaO 58: „Wenn der Gesetzgeber
beschränkte dingliche Rechte schon nicht allgemein positiv erkennbar machen kann, so kann er doch wenigstens
verhindern, dass eine verpfändete Sache für lastenfrei gehalten wird.“
205 Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips 186.
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Austrian Law Journal
Band 1/2021
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 1/2021
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 59
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal