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Austrian Law Journal, Band 2/2015
Seite - 187 -
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ALJ 2/2015 Helmut Koziol 187 II. Das traditionelle kontinentaleuropäische System Es gilt bei uns und auch in anderen Rechtsordnungen noch immer der alte Grundsatz, dass der- jenige, der einen Schaden erleidet, diesen regelmäßig selbst zu tragen hat: „Casum sentit dominus.“ Anderes gilt nur dann, wenn besondere Gründe vorliegen, die es rechtfertigen, den Schaden auf einen anderen zu überwälzen. In der heutigen Gesellschaft nimmt allerdings die Vorstellung zu, dem Einzelnen sei möglichst jegliches Risiko abzunehmen; es müsse stets ein Ausgleich des Nachteils erfolgen. Dieses Ziel kann jedoch selbst durch großzügigste Ausweitung des Schaden- ersatzrechts sicherlich nicht erreicht werden, da dieses stets voraussetzt, dass Zurechnungsgründe vorliegen, die es rechtfertigen, die Schadenstragung vom Geschädigten auf einen anderen zu überwälzen, weil dieser „näher daran ist“, den Schaden zu tragen als der Geschädigte. Für Personenschäden wurde allerdings sachgerechter Weise eine sehr weitgehende, von Zurech- nungsgründen unabhängige Risikoabnahme durch Sozialversicherungssysteme vorgesehen, deren Kosten keineswegs zur Gänze von den begünstigten Versicherten, sondern zu einem großen Teil durch die öffentliche Hand und die Arbeitgeber getragen werden. Dass nur für den Bereich der Personenschäden eine derartige Ausdehnung des Schutzes vorgesehen wird, findet seine Berechti- gung einerseits darin, dass es um das höchstrangige Gut geht und andererseits vielfach die Exis- tenz des Geschädigten bedroht wird. Bei Beeinträchtigungen der Person soll der Geschädigte daher ohne Rücksicht auf die Schadensursache in jedem Fall Schadensausgleich erhalten. Durch den Wegfall der Notwendigkeit, Haftungsvoraussetzungen zu prüfen, wird auch die Verwirkli- chung des zweiten Anliegens erheblich gefördert, nämlich die rasche Durchführung des Aus- gleichs. Allerdings wird in der Regel durch die Sozialversicherung keine volle Kompensation des Schadens, sondern nur eine Abdeckung der Grundbedürfnisse vorgesehen. Die Sozialleistungen verändern ganz überwiegend nicht die schadenersatzrechtliche Zurechnung, da den Sozialversicherungsträgern gegen den Haftenden Rückgriffsansprüche zustehen; Ausnah- men von dieser Rückgriffsmöglichkeit bestehen allerdings im Arbeitnehmer-Unfallversicherungs- recht bei leicht fahrlässigen Schädigungen des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber. Das wird vor allem damit begründet, dass dieser die Versicherungsprämien ganz oder teilweise trage und damit seine Haftung – zumindest für leicht fahrlässige Schädigungen – ablöse.2 Die im medizini- schen Bereich heftig geführten Diskussionen über die Einführung eines verschuldensunabhängigen Kompensationssystems sind wieder abgeflaut.3 Eine etwas abweichende Grundtendenz zeigt das stark am Ersatzinteresse des Geschädigten orientierte französische Recht: Neben einer erheblichen Ausweitung der Schadenersatzpflichten und deren Abfederung durch Haftpflichtversicherungen werden auch die vertraglichen und so- zialen Schadens-Versicherungssysteme ausgebaut. Moréteau4 betont zutreffend, dass die Kritik 2 Siehe Koziol, Grundfragen des Schadenersatzrechts (2010) Rz 2/75. Eine ausführliche Darstellung findet sich bei Karner/Kernbichler, Employers’ Liability and Workers’ Compensation: Austria, in Oliphant/G. Wagner (Hrsg), Employ- ers’ Liability and Workers’ Compensation (2012) 63 (63 ff, 95 f); Waltermann, Employers’ Liability and Workers’ Compensation: Germany, in Oliphant/G. Wagner (Hrsg), Employers’ Liability and Workers’ Compensation (2012) 265 (274, 276 ff); G. Wagner, New Perspectives on Employers’ Liability – Basic Policy Issues, in Oliphant/G. Wagner (Hrsg), Employers’ Liability and Workers’ Compensation (2012) 561 (567 f). 3 Zu den Vorschlägen für solche Systeme und deren Umsetzungen siehe Dute/Faure/Koziol (Hrsg), No-Fault Compen- sation in the Health Care Sector (2004); B.A. Koch, Medical Liability in Europe: Comparative Analysis, in Koch (Hrsg), Medical Liability in Europe. A Comparison of Selected Jurisdictions (2011) 611 (650 ff). 4 Moréteau, Frankreich, in Koziol (Hrsg), Grundfragen des Schadenersatzrechts aus rechtsvergleichender Sicht (2014) Rz 1/1.
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Austrian Law Journal Band 2/2015
Titel
Austrian Law Journal
Band
2/2015
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
100
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
Zeitschriften Austrian Law Journal
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