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ALJ 2/2015 Ausgleich von Personenschäden 194
Unter diesen Prämissen wäre der Ausschluss des Rückgriffs des Sozialversicherers gegen den
Schädiger und dessen allfälligen Haftpflichtversicherer insofern unbedenklich und er brächte
lediglich Vorteile dadurch, dass eine zusätzliche Kosten verursachende zweifache Abwicklung
vermieden wird. Allerdings wird die Berechnung der Beiträge durch die Sozialversicherungsträger
aufwendiger. Der weitere zu erwartende Einwand, dass für viele die Sozialversicherungsbeiträge
insgesamt erhöht würden, wäre hingegen nicht allgemein berechtigt, weil sich jedermann, der
eine sonstige Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, die Prämien für diese vertragliche Haft-
pflichtversicherung bezüglich der durch die Sozialversicherung gedeckten Schäden ersparen
würde.
Zu überlegen wäre, ob es letztlich nicht zweckmäßiger und kostengünstiger wäre, zwecks Entlas-
tung der Sozialversicherungsträger mit der allgemeinen „Pflicht-Haftpflichtversicherung“ die Ver-
sicherungsunternehmen zu betrauen. Um eine flächendeckende Versicherung wie bei Abde-
ckung durch die Sozialversicherung zu erreichen, wäre eine obligatorische vertragliche Personen-
schadens-Haftpflichtversicherung für jedermann vorzusehen; derzeit bestehende Pflicht-Haftpflicht-
versicherungen könnten entsprechend eingeschränkt werden. Durch die breite Streuung wären
auch günstige Tarife zu erreichen. Der Rückgriff der Sozialversicherungsträger gegen die Haft-
pflichtversicherer könnte kostengünstig durch jährliche Pauschalabgeltungen erfolgen, für die
schon erprobte Vorgangsweisen als Vorbild dienen können.
Da die allgemeinen schadenersatzrechtlichen Zurechnungsregeln durch dieses System nicht
beiseitegeschoben werden, sondern lediglich eine generelle Haftpflichtversicherung vorgesehen
würde, wären bei der noch erforderlichen Diskussion über die Einführung einer „generellen
Pflicht-Haftpflichtversicherung“ noch einige wesentliche Fragen zu überlegen. Bedeutsam wäre
insbesondere, wie weit die Deckung durch die Haftpflichtversicherung reichen soll; die heutigen
Sozialversicherungen bieten ja keinen vollständigen Ausgleich der Personenschäden; die vertrag-
lichen Haftpflichtversicherungen wiederum sind der Höhe nach stets begrenzt. Behält man
dieses – insoweit auch in Skandinavien und Polen geltende – System bei, so dient dies zwar der
Aufrechterhaltung einer gewissen Präventionswirkung, da bei hohen Schäden die Haftung des
Schädigers wieder schlagend würde, es führt jedoch andererseits dazu, dass der Schädiger bei
besonders umfangreichen Schäden die Ersatzleistung aus dem eigenen Vermögen zu leisten
hätte, sodass die Geschädigten gerade bei besonders schweren Schäden ein erhebliches Zahlungs-
risiko zu tragen und damit zu rechnen hätten, nicht so selten keinen vollständigen Ersatz zu er-
halten. Es würde somit das heutige, doch recht inkonsequente System aufrechterhalten, dass
sowohl Schädiger als auch Geschädigte zwar in den geringfügigeren Fällen vollen Schutz erhiel-
ten, jedoch dann nicht mehr, wenn sie besonders schwer betroffen sind. Überdies ist zu beden-
ken, dass eine Begrenzung der Versicherungsleistung der Höhe nach oder auch bezüglich der zu
ersetzenden Schäden dazu führt, dass der Geschädigte zusätzlich schadenersatzrechtliche An-
sprüche geltend machen und durchsetzen müsste, um vollständigen Ersatz zu erlangen. Das
wäre kein erstrebenswertes System, wie G. Wagner26 zur derart ausgestalteten Arbeitnehmer-
Unfallversicherung zu Recht betont:
26 G. Wagner in Oliphant/G. Wagner 597 f.
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Austrian Law Journal
Band 2/2015
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 2/2015
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 100
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal