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ALJ 2/2015 Andreas Geroldinger 203
5. BAG 10 AZR 443/08
Das BAG meinte, in folgendem Fall eine unwirksame Klausel von anderen wirksamen Regelungen
abzugrenzen, anstatt eine einzelne Klausel geltungserhaltend zu reduzieren43:
„Voraussetzung für die Auszahlung des Bonus ist ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis zum Ab-
schluss des Geschäftsjahres. Die Gewährung des Bonus erfolgt freiwillig unter dem Vorbehalt der
einseitigen Änderungsmöglichkeit durch die Gesellschaft sowie mit der Maßgabe, dass auch durch
eine wiederholte Zahlung ein Rechtsanspruch für die Zukunft begründet wird.“
Dazu hielt das BAG geradezu lapidar fest, dass die Auszahlung des Bonus nach Streichung des
Wortes „ungekündigtes“ nur noch das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zum Abschluss des
Geschäftsjahres voraussetze. Die Klausel sei damit sprachlich teilbar, wobei die restliche Rege-
lung verständlich bleibe.
6. OGH 2 Ob 22/12t
2013 urteilte der OGH über eine nachträglich vereinbarte Konvertierungsklausel in einem
Fremdwährungskreditvertrag. Die Klausel enthielt ein sogenanntes „Stop-loss-Limit“ bei Anstieg
des Gegenwertes der Finanzierung um 15 %44:
„2. Sie akzeptieren ein Stop-loss-Limit zu Ihrer ausgenützten Fremdwährung in der Form, dass Sie
ab einer Kursschwankung von 15 % (Kurs 1,29) aus der Währung in den Euro zurück konvertiert
werden. Das bedeutet, dass Sie nach einer Ausnützung in Währung dann automatisiert aus dieser
Währung in Euro konvertiert werden, wenn der Gegenwert Ihrer Finanzierung um 15 % gestiegen
ist. Diese Konvertierung zum Stop-loss-Limit hat den Sinn, das Risiko von Kursschwankungen für
Ihre Finanzierung mit 15 % begrenzen zu können.“ (Gesamte Klausel unwirksam.)
Der OGH erachtete die Regelung vor allem wegen des Automatismus der Konvertierung für unzu-
lässig.45 Zur Frage, ob sie teilweise aufrechterhalten werden könne, führte der 2. Senat unter
Berufung auf die Rsp des EuGH wörtlich aus: „Eine geltungserhaltende Reduktion (etwa durch
Beseitigung des Begriffs ‚automatisiert‘) auf den unbedenklichen Teil der Vertragsbestimmung
kommt nicht in Betracht.“ Daher erklärte der OGH den gesamten Punkt 2. für unwirksam.
Jedenfalls auf den ersten Blick leuchtet schwerlich ein, inwiefern sich die Streichung des Wortes
„automatisiert“ von den beiden Entscheidungen des BGH und des BAG unterschieden hätte. Ob
damit der beanstandete Automatismus abgewendet worden wäre, scheint aber ohnehin fraglich.46
7. OGH 7 Ob 78/06f
Gänzlich unverständlich muten einzelne Ergebnisse einer OGH-Entscheidung aus einem Ver-
bandsprozess an, der Muster-AGB für Mietverträge zum Gegenstand hatte.47 Die hier interes-
sierenden Klauseln lauteten wie folgt:
43 BAG 10 AZR 443/08 NZA 2009, 783.
44 OGH 2 Ob 22/12t JBl 2013, 519; zur Entscheidung siehe Fidler, JBl 2014, 705 f; Holly, Unzulässige Konvertierung
eines Fremdwährungskredits: Für welchen Schaden haftet die Bank? ecolex 2013, 503 (503 ff); Kellner, Konvertie-
rungsklauseln und -orders beim Fremdwährungskredit, ÖBA 2014, 920 (920 ff).
45 Siehe insb Punkt 2.3.5. der Entscheidung.
46 Arg: „konvertiert werden“ im ersten und im zweiten Satz der Klausel. Ob eine Streichoperation dahin gehend
möglich gewesen wäre, aus „konvertiert werden“ das Wort „konvertieren“ zu formen, wurde nicht thematisiert;
siehe dazu noch Punkt III.C.
47 OGH 7 Ob 78/06f JBl 2007, 181 = wobl 2007, 74 (Call); dazu Böhm/G. Graf, Miete und Konsumentenschutz I, immolex
2007, 102 (102); Böhm, Miete und Konsumentenschutz II, immolex 2007, 134 (139).
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Austrian Law Journal
Band 2/2015
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 2/2015
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 100
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal