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ALJ 2/2015 Wolfgang Faber 221
Effekt träte aber ceteris paribus – dh, wenn kein Dritter sich zur Interzession oder Abdeckung der
Verbindlichkeit bereitfindet – auch dann ein, wenn die Pfandbestellung (insb aus rechtlichen
Gründen unter Geltung des Faustpfandprinzips) unterbleibt: Der drängende Gläubiger würde
realistischerweise Exekution zB in den Maschinenbestand führen, womit der für Drittgläubiger
verfügbare Haftungsfonds im gleichen Ausmaß vermindert wäre. Auch in solchen Fällen wirkt
sich also eine erfolgte Pfandbestellung auf den Umfang des Haftungsfonds jedenfalls mittelfristig
(ab der hypothetischen Begründung von exekutiven Pfandrechten durch den vollstreckungsbe-
reiten Gläubiger) nicht aus. Das Argument, bei gleichbleibendem Haftungsfonds auf Publizität
verzichten zu können, müsste grundsätzlich also auch hier Geltung beanspruchen dürfen.
Der denkbare Einwand, die hier behandelten Konstellationen hätten im juristischen Diskurs vor
der legislativen Weichenstellung zugunsten strikter Publizitätsvorschriften beim Pfand keine Rolle
gespielt, hat sich jedenfalls in Bezug auf die deutsche Rechtsentwicklung nicht erhärtet. Im Ergebnis
scheint mir das hier diskutierte Differenzierungsargument, der Eigentumsvorbehalt bedürfe im
Gegensatz zum Pfandrecht deshalb keiner Publizität, weil er sich auf den Haftungsfonds nicht
negativ auswirke, in seiner Tragfähigkeit erheblich erschüttert. Für bestimmte Konstellationen
passt es durchaus (Pfandbestellung für Schuld eines Dritten, ersatzlose Verflüchtigung der erhal-
tenen Kreditsumme), für wichtige Bereiche, die zumindest in Deutschland der Gesetzgeber vor
Augen haben musste, trägt es nicht.
B. Variationen: Vergleichbarkeit mit Barkauf, Vergrößerung des Haftungsfonds
Der oben diskutierte Rechtfertigungsversuch kehrt in der Diskussion bisweilen in leicht verän-
dertem Gewand wieder. Insoweit kann man sich hier kurz halten und im Wesentlichen auf die
Ausführungen im voranstehenden Abschnitt verweisen.
Dies gilt zunächst für die Paraphrasierung des unter A. diskutierten Arguments dahingehend,
Gläubiger des Vorbehaltskäufers stünden durch den Eigentumsvorbehalt nicht schlechter als bei
einem Barkauf.40 Auch dieser Ansatz gründet ja darauf, dass an die Stelle eines schon vorhandenen
Vermögenswerts (Barmittel) ein anderer (die Kaufsache) tritt und die Summe der dem Gläubiger-
zugriff offenstehenden Werte gleichbleibt. Auch hier ist die der Argumentation zugrunde liegende
Beobachtung des gleichbleibenden Haftungsfonds durchaus korrekt. Wie gezeigt worden ist, wird
hiermit jedoch kein allgemein tragfähiger Differenzierungsgrund gegenüber einer Pfandbestellung
aufgezeigt. In praktisch durchaus wesentlichen Konstellationen ist Irrelevanz der Sicherheitenbe-
stellung für die Entwicklung des Haftungsfonds auch beim Pfandrecht gegeben.
Und noch ein weiteres Argument gerät angesichts der bereits ausgeführten Überlegungen in
Schwierigkeiten; nämlich jenes, die Gläubiger würden durch den Vorbehaltskauf sogar besser
gestellt, weil der Erwerber durch die Möglichkeit, den Kaufgegenstand wirtschaftlich zu nutzen, in
die Lage versetzt werde, seinen bestehenden Haftungsfonds zu vergrößern.41 Wiederum wird die
zugrunde liegende Beobachtung vielfach durchaus zutreffen. Aber auch hier ist nicht einzusehen,
warum dieser Gesichtspunkt nur dem Warenkreditgeber zu einer publizitätslosen Sicherheit verhel-
fen sollte, nicht hingegen dem Geldkreditgeber, der gegen Pfandbestellung einen Investitionskredit
gewährt.
40 Erwähnt bei F. Bydlinski in Klang2 IV/2, 463; Frotz, Kreditsicherungsrecht 167 (zu § 37 EO); referiert bei Aichinger,
ZfRV 2010, 274.
41 Als Argument zur Publizitätsfrage berichtet bei Aichinger, ZfRV 2010, 274; vgl auch Frotz, Kreditsicherungsrecht
166 f (zu § 37 EO).
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Austrian Law Journal
Band 2/2015
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 2/2015
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 100
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal