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Austrian Law Journal, Band 2/2015
Seite - 229 -
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ALJ 2/2015 Wolfgang Faber 229 Insgesamt lässt sich somit auch aus den in diesem Abschnitt diskutierten Begründungsversuchen keine tragfähige dogmatische Rechtfertigung dafür gewinnen, beim Eigentumsvorbehalt im Gegen- satz zu den anderen dinglichen Sicherungsrechten von Publizitätspflichten vollkommen abzusehen. F. Konsequenzen für die lex lata? Die bisherige Erörterung zeigt, dass sich die österreichische Zivilrechtsdogmatik mit dem Postulat des vollständigen Entfalls von Publizitätsanforderungen beim (einfachen) Eigentumsvorbehalt nach wie vor nicht wirklich im Reinen befindet. Die von der hA vorgebrachten Begründungsan- sätze überzeugen weder im Einzelnen noch in ihrer Summe. Als tragende – wenngleich juristisch nicht befriedigende – Rechtfertigung bleibt im Wesentlichen das vermutlich generell konsentierte wirtschaftliche Interesse an einer praktisch funktionsfähigen und insb kostengünstigen dinglichen Sicherheit für Anschaffungsfinanzierungen (jedenfalls auch) durch den Verkäufer selbst. An dieser für das geltende österreichische Recht festgestellten Unvereinbarkeit von praktischem Bedarf, dem man nachgibt, und dogmatischer Kohärenz, deren Fehlen man in Kauf nimmt oder zu ka- schieren sucht, wird in Abschnitt III. dieses Beitrags anzuknüpfen sein. Solange man an Publizitäts- mitteln ausschließlich die Besitzeinräumung an den Gläubiger oder allenfalls die Anbringung von Zeichen vor Augen hat, weil das geltende Pfandrecht nur diese Formen zulässt, kommt man mit einer Aussöhnung von wirtschaftlichem Bedürfnis und dogmatischem Kohärenzstreben nicht weiter. Man müsste jedenfalls am legistischen Rädchen drehen und bei der Pfandrechtspublizität selbst Modifikationen vornehmen, um beiden Zielen zumindest näherungsweise zu entsprechen. Bevor allerdings die Frage nach dem bestmöglichen Ausgleich dieser beiden widerstreitenden Ziele weiter verfolgt wird, drängt sich die Frage auf, ob nicht der oben erzielte Befund de lege lata ein der hA diametral entgegengesetztes Ergebnis nachgerade erzwingt. Lassen sich keine bzw nur unzureichend überzeugende Gründe für eine Ungleichbehandlung finden, läge es ja nahe, in gleicher Weise zu verfahren wie beim Sicherungseigentum72 und die pfandrechtlichen Publizi- tätsvorschriften analog auch auf den einfachen Eigentumsvorbehalt anzuwenden. Im Ergebnis wäre, da eine konstitutive Voraussetzung für die Begründung des Sicherungsrechts fehlen würde, der Vorbehalt des Eigentums sachenrechtlich unwirksam, sofern bzw sobald die Sache dem Käufer (Schuldner) übergeben wird. Der Käufer erhielte mit Lieferung unbelastetes Eigentum. Ob analog §§ 452 iVm 427 ABGB Raum für einen ausnahmsweise wirksamen „Vorbehalt durch Zeichen“ verbliebe, scheint fraglich; zumindest wäre er wohl sehr eng.73 72 Vgl oben bei und mit FN 4. 73 Vorstellbar erschiene ein solcher Rückgriff auf „Zeichen“ prima facie – siehe aber am Ende dieser FN – etwa bei Lieferung der unter Eigentumsvorbehalt verkauften Sache unmittelbar in ein Waren- oder Rohstofflager, dessen sämtliche Bestandteile im Vorbehaltseigentum ein und desselben Lieferanten stehen. Denn in Bezug auf ein Waren- lager ist nach der heute maßgeblichen Judikatur auch eine Pfandrechtsbegründung oder Sicherungsübereignung durch Zeichen möglich; vgl OGH 3 Ob 45/94 SZ 67/78; OGH 3 Ob 2442/96f ÖBA 1998, 216 (Spielbüchler). Weniger plausibel erschiene demgegenüber die Begründung von Vorbehaltseigentum durch Zeichen im zweiten heute rele- vanten Anwendungsbereich der §§ 452, 427 ABGB, der Begründung dinglicher Sicherungsrechte an beson- ders großen, schweren bzw sperrigen Maschinen (vgl aus jüngerer Zeit etwa OGH 5 Ob 233/13w ÖBA 2014, 615 [P. Bydlinski]; OGH 5 Ob 168/08d JBl 2009, 437). Denn die körperliche Übergabe, die als Anwendungsvoraus- setzung der §§ 452, 427 ABGB unmöglich oder untunlich sein müsste, wird bei Lieferung der Vorbehaltsware ja gerade vollzogen und diese könnte sehr einfach von vornherein unterbleiben. Dieser zuletzt angesprochene Gedanke greift für den Eigentumsvorbehalt im Grunde bei jedem der gängigen Anwendungsfälle der §§ 452, 427 ABGB: Aus welchen in der körperlichen Beschaffenheit der Kaufsache gelegenen Gründen auch immer eine Rückstellung derselben an den Verkäufer untunlich sein mag, jeglicher Aufwand lässt sich vermeiden, wenn die Sache gar nicht geliefert wird, sondern gleich beim Verkäufer verbleibt.
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Austrian Law Journal Band 2/2015
Titel
Austrian Law Journal
Band
2/2015
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
100
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
Zeitschriften Austrian Law Journal
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