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ALJ 2/2015 Wolfgang Faber 245
c. Von Verbrauchern bestellte acquisition finance devices
Als zweite Sonderregel in Bezug auf das Konzept der effectiveness wird vom Registrierungserfor-
dernis dann zur Gänze abgesehen, wenn der Sicherungsgeber (Erwerber) Verbraucher ist (IX.–
3:107(4) DCFR). Die effectiveness des acquisition finance device tritt in diesem Fall ohne weitere
Voraussetzungen ein, mithin im Zeitpunkt der creation des Sicherungsrechts (de facto bei Über-
gabe). Die freiwillige Vornahme eines Registereintrags ist im Fall einer Verbrauchersicherheit
aber ohne Weiteres möglich. Aus der Verankerung der Regel im Konzept der effectiveness ergibt
sich wiederum, dass die Ausnahme nur gegenüber bestimmten Dritten wirkt, konkret insb gegen-
über Exekutions- und Insolvenzgläubigern. Gegenüber Sacherwerbern und Erwerbern von Siche-
rungsrechten gilt jegliche Verbrauchersicherheit ab creation, wobei diese gegebenenfalls Schutz
durch Gutglaubenserwerbsregeln genießen.
Auch die hier diskutierte Sonderregelung hat internationale Vorbilder.138 Sie erklärt sich im Wesent-
lichen aus verschiedenen ineinandergreifenden Praktikabilitätserwägungen: Gerade bei Verbrau-
chern mag es am erforderlichen enrolment zum Registersystem relativ häufig fehlen und müsste
eine solche Erstanmeldung zum Register dann eigens für das konkrete Geschäft erwirkt werden.
Zudem mag der Registrierungsaufwand auch bei geringen Registergebühren aufgrund des Zeit-
aufwands nicht selten außer Verhältnis zum Kreditvolumen und damit zum Risiko des Sicherungs-
nehmers stehen.
All dies sind, wie erwähnt, Praktikabilitäts- bzw Effizienzerwägungen, und zwar ausschließlich
solche betr den Finanzierer und den Erwerber. Im Hinblick auf künftige ungesicherte Drittgläubi-
ger, auf die sich die Regelung potenziell negativ auswirkt, liegt vielleicht noch die Mutmaßung
nahe, dass für deren Kreditierungsentscheidung erkennbare Belastungen des Mobiliarvermö-
gens von Verbrauchern aufgrund des relativ geringen Sachwerts praktisch gar nicht so entschei-
dend wären.139 Dies wäre allerdings eine sehr grobe Simplifizierung – man denke bspw an Kraft-
fahrzeuge – und soll daher hier nicht als Rechtfertigungsthese fungieren.
Eine dogmatische Rechtfertigung zur publizitätsbezogenen Differenzierung gegenüber anderen
Sicherungsrechten oder auch gegenüber Anschaffungsfinanzierungssicherheiten von Unterneh-
mern liefern sämtliche bisher reflektierte Überlegungen nicht. Auch Verbraucherschutzziele iS
eines Schutzes der schwächeren Vertragspartei vor negativen Effekten typischer wirtschaftlicher
Ungleichgewichtslagen scheiden als Grundlage aus. Das Einzige, was dem Verbraucher erspart
bleibt, ist der Aufwand für das einmalige enrolment im Register sowie für die Abgabe einer Zustim-
mungserklärung zur konkreten Sicherheitenbestellung, die ebenfalls elektronisch im Register
138 Vgl etwa § 9–309(1) UCC und dazu White & Summers, Uniform Commercial Code IV5 (Practitioner Treatise Series,
2002) 133 ff (insb 138 ff); Brinkmann, Kreditsicherheiten 376 f; Kieninger, RNotZ 2013, 219. Der österreichische
MSG-E von 2007 umgeht die Frage dadurch, dass er von vornherein nur für Sicherungsrechte gilt, die von Unter-
nehmern bestellt werden (vgl oben III.B. mit FN 100).
139 Teils ähnlich – wenngleich aus Finanzierersicht – Lwowski, Ökonomische und rechtliche Anforderungen an ein
optimal funktionierendes Mobiliarkreditsicherungsrecht aus der Sicht der Praxis, in Basedow/Remien/Wenckstern
(Hrsg), Europäisches Kreditsicherungsrecht – Symposium im Max-Planck-Institut für ausländisches und internationa-
les Privatrecht zu Ehren von Ulrich Drobnig am 12. Dezember 2008 (2010) 173 (177 f), der für das Kreditsegment
der Anschaffungskredite insb im Verbraucherbereich auf schnellen Wertverfall und geringe Verwertungserlöse
sowie darauf hinweist, dass derartige Finanzierungen in der gängigen deutschen Praxis idR durch Abtretung von
Lohn- und Gehaltsansprüchen sowie Bürgschaften besichert würden.
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Austrian Law Journal
Band 2/2015
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 2/2015
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 100
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal