Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Zeitschriften
Austrian Law Journal
Austrian Law Journal, Band 2/2017
Seite - 117 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 117 - in Austrian Law Journal, Band 2/2017

Bild der Seite - 117 -

Bild der Seite - 117 - in Austrian Law Journal, Band 2/2017

Text der Seite - 117 -

ALJ 2/2017 Susanne Reindl-Krauskopf 117 einem Unfall mit Personenschaden, stellt sich die Frage nach der Strafbarkeit.33 Dabei denkt man unweigerlich an die Fahrlässigkeitsdelikte nach §§ 80, 81 und 88 StGB. Wie bei jedem Fahrlässig- keitsdelikt stellt sich auch in der Konstellation des Smart Car die Frage nach einer objektiven Sorgfaltswidrigkeit.34 In der derzeitigen Situation wäre zunächst an die Pflichten des Lenkers zu denken. Dabei sieht auch die Sonderregel des § 102 Abs 3b KFG35 für Fahrzeuge mit Assistenzsys- temen bzw automatisierten oder vernetzten Fahrsystemen vor, dass der Lenker seine Fahrauf- gaben jederzeit wieder zu übernehmen hat, wenn dies notwendig wird. Ist also objektiv erkenn- bar, dass ein Systemfehler auftritt, muss der Lenker eingreifen. Tut er nichts, ist seine Untätigkeit objektiv sorgfaltswidrig. Seine Strafbarkeit kann in der Folge problemlos anhand der allgemeinen Prinzipien der Fahrlässigkeitshaftung geprüft werden. Zusätzlich wäre zu untersuchen, worin die Ursache des Systemfehlers lag. Ist bspw dem zustän- digen Systembetreuer ein Wartungsfehler unterlaufen, so wäre trotz des Zusammenhangs mit einem intelligenten System nach wie vor von einer objektiven Sorgfaltswidrigkeit eines Men- schen, eben dieses Systembetreuers auszugehen. Auch für ihn käme – wie ggf auch zB für den Hersteller und Programmierer solcher Systeme – nach den klassischen strafrechtlichen Prinzipien eine Haftung wegen eines Fahrlässigkeitsdeliktes in Frage. Freilich: Je autonomer das jeweilige Fahrsystem und je komplexer das Zusammenspiel technischer Komponenten, desto schwieriger kann sich mitunter der Nachweis der Kausalität des einzelnen Fehlverhaltens für den eingetrete- nen Erfolg gestalten. Aus strafrechtlicher Sicht reicht allerdings auch bloße Mitverursachung aus. Auf dem Stand der derzeitigen Technik erscheint das Strafrecht auch für den digitalisierten „Fahr- lässigkeits-Täter“ gerüstet. Problematisch könnte das langfristig geplante Ziel der technischen Entwicklung sein, nämlich den menschlichen Lenker, der noch eingreifen kann, irgendwann vollständig zu ersetzen.36 Dahinter steht die Überlegung, dass Maschinen anders als Menschen keine Fehler machen und damit deren Einsatz Unfälle drastisch reduzieren und die Verkehrssicherheit enorm steigern könnte. Kommt es dennoch zu Schädigungen anderer Verkehrsteilnehmer, stellt sich freilich trotzdem die Frage nach der strafrechtlichen Verantwortlichkeit; auch unabhängig von außerstrafrechtlichen und verschuldensunabhängigen Haftungen. Der Lenker kommt in einem solchen Szenario als strafrechtlich Verantwortlicher nicht mehr in Frage, weil er faktisch nicht mehr ins Geschehen eingreifen kann. Ist erfolgsabwendendes Verhalten de facto nicht möglich, scheidet die Strafbar- keit – zumindest auf Basis der heutigen Dogmatik – aus.37 Geschah der Unfall aufgrund eines Herstellungs-, Programmierungs- oder Wartungsfehlers, so könnte sich als Anknüpfung für eine strafrechtliche Haftung freilich wieder ein objektiv sorgfaltswidriges Verhalten eines Herstellers, Programmierers oder Systembetreuers ergeben.38 33 Siehe zur Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit nach österreichischem Recht insb auch Rohregger, Auto- nome Fahrzeuge und strafrechtliche Verantwortlichkeit, JSt 2017, 196. 34 Zu grundsätzlichen Fragen der Fahrlässigkeitsdogmatik iZm hochautomatisiertem Fahren siehe ua Gless, „Mein Auto fuhr zu schnell, nicht ich!“ – Strafrechtliche Verantwortung für hochautomatisiertes Fahren, in Gless/ Seelmann (Hrsg), Intelligente Agenten und das Recht (2016) 225; allgemein zu intelligenten Systemen ua Gless/ Weigend, Intelligente Agenten und das Strafrecht, ZStW 2014, 561. 35 Eingeführt durch BGBl I 2016/67. 36 Siehe zu den unterschiedlichen Automatisierungsgraden ua Hötitzsch/May, Rechtliche Problemfelder beim Ein- satz automatisierter Systeme im Straßenverkehr, in Hilgendorf (Hrsg), Robotik im Kontext von Recht und Moral (2014) 189. 37 HM siehe nur Hilf in Höpfel/Ratz, WK2 StGB (59. Lfg 2005) § 2 Rz 46 mwN. 38 Dazu und zur Frage der Verantwortungsverlagerung vom Lenker auf andere Personen siehe für Österreich Rohregger, JSt 2017, 196 (199 f).
zurück zum  Buch Austrian Law Journal, Band 2/2017"
Austrian Law Journal Band 2/2017
Titel
Austrian Law Journal
Band
2/2017
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
108
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
Zeitschriften Austrian Law Journal
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Austrian Law Journal