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ALJ 2/2017 Christian Bergauer 122
aus Hardwareteilen besteht (Thermostate, Schließmechaniken usw), die laut Sachverhalt nicht
mehr ordnungsgemäß funktionieren, ist darüber hinaus in echter Konkurrenz an die Sachbe-
schädigung durch Unbrauchbarmachen iSd § 125 StGB zu denken.
Geradezu im Vorbeigehen wurde im Vortrag die einzig gerichtliche Strafbestimmung des § 51
DSG 200018 im Zusammenhang mit der Nutzung ausspionierter personenbezogener Daten ange-
sprochen. Zur Aussage, dass das Sammeln solcher personenbezogener Informationen noch nicht
strafrechtlich relevant sei, ist allerdings anzumerken, dass im sog „iPhone-Fall“19 hinsichtlich des
bloßen Speicherns digitaler Bildaufnahmen von einer Frau, welche sich gerade auf der Toilette
befand, die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 51 DSG 2000 bejaht wurde. Man muss daher
wohl davon ausgehen, dass das Ermitteln der personenbezogenen Informationen durch den
Täter mittels Kamerafunktion seines Smartphones als Akt des widerrechtlichen Verschaffens und
das daran in unmittelbarer zeitlicher Abfolge erfolgte Speichern dieser (nunmehr digitalisierten)
Daten auf der Speicherkarte des iPhones als Tathandlung des „Selbst-Benützens“ beurteilt wurde.
Schließt man sich dieser Auffassung an, wäre – anders als im Vortrag kommuniziert – auch das
bloße Sammeln personenbezogener Daten von § 51 DSG 2000 erfasst.20
Höchst interessant erweisen sich die von Reindl-Krauskopf in ihrem Vortrag angestellten Überle-
gungen zur Anwendung des § 118a StGB auf Fälle des sog „Medjacking“, gerade auch, weil sie
selbst hierbei eine gewisse „Irritation“ verortet, die mE jedenfalls aus rechtspolitischer Sicht näher
zu untersuchen wäre. Schon allein aus Sachlichkeitsüberlegungen wäre zu hinterfragen, ob aktive
Implantate bzw Prothesen (wie zB bionische Arme oder Beine, Herzschrittmacher, Insulinpumpen
usw) tatsächlich mit einer Sicherheitsvorkehrung iSd § 118a StGB ausgestattet sein müssen, um
dem Träger einen strafrechtlichen Schutz vor Angriffen auf diese Prothesen zu gewähren? Voraus-
zuschicken ist, dass man als Mensch schon grundsätzlich keine „Ritterrüstung“ tragen muss, um
seinen Willen zum Ausdruck zu bringen, nicht in der körperlichen Integrität verletzt werden zu
wollen. Der im Vortrag angesprochene Fall des Medjacking könnte zur Verdeutlichung dieser
Überlegungen etwas variiert werden. Man denke dabei an eine Sachverhaltsvariante, die nicht zu
einer Tötung des Opfers führt, sondern sich die Tathandlung lediglich an einer bionischen Arm-
prothese oder anderer elektro-mechanischer oder mittels Mikrochip gesteuerter, medizinischer
Hilfsmittel (wie zB ionischem Auge, Retina-Stimulator, Hörgerät, funktioneller Muskelreizung,
Neuro-Stimulator, Blasenschrittmacher usw) auswirkt. Der Täter manipuliert dabei das aktive
Implantat, das per Bluetooth justiert und (fern-)bedient werden kann, derart, dass sich etwa ein
bionischer Arm lediglich ständig auf und ab bewegt. Versucht man nun die Strafbarkeit einer
solchen „Manipulation des Körpers“ zu ermitteln, zeigt sich schnell, dass es de lege lata schwierig
ist, ein für solche Manipulationen geeignetes Delikt zu finden. Die Intensität der Beeinträchtigung
der körperlichen Integrität erreicht wohl nach hM nicht die geforderte Intensität einer Körperver-
letzung iSd § 83 Abs 1 StGB. Bloße Misshandlungen sind noch keine Verletzungen am Körper.21
Doch auch ein vorsätzliches Misshandeln iSd § 83 Abs 2 StGB scheidet aus, da wohl die fahrlässig
herbeigeführte Folge fehlt (eine Gesundheitsschädigung mit Krankheitswert könnte sich allenfalls
18 BGBl I 1999/165 idF BGBl I 2009/133.
19 LG Salzburg 29. 4. 2011, 49 Bl 17/11v; Thiele, LG Salzburg: Datenverwendung in Schädigungsabsicht durch Auf-
nahme mit iPhone beim Toilettenbesuch, jusIT 2011, 185.
20 Siehe zu § 51 DSG 2000 ausführlich Bergauer, Computerstrafrecht 117 ff.
21 Siehe ganz allgemein Burgstaller/Fabrizy in Höpfel/Ratz (Hrsg), Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch – StGB2
§ 83 Rz 6 f (Stand 1. 8. 2016, rdb.at).
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Austrian Law Journal
Band 2/2017
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 2/2017
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 108
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal