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Austrian Law Journal, Band 2/2017
Seite - 123 -
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Seite - 123 - in Austrian Law Journal, Band 2/2017

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ALJ 2/2017 Cyber Crime – Der digitalisierte Täter 123 aufgrund eines aus der dauerhaften Manipulation entstehenden seelischen Leidens ergeben). Auch die Heranziehung des Delikts der Nötigung gem § 105 StGB wäre problematisch und zu- mindest im Lichte der Rsp wohl nicht anwendbar, da bei dieser Art der computertechnischen Manipulation nicht auf die Willensbildung des Opfers eingewirkt wird (arg „vis absoluta“). Für den OGH kommt prinzipiell nur vis compulsiva als Tatmittel der Nötigung in Frage.22 Aber auch der hier relevante Gewaltbegriff bezüglich des Einsatzes „physischer Kraft“ könnte zu Anwendungs- schwierigkeiten der Nötigung im Zusammenhang mit computertechnischen Handlungsweisen des Medjacking führen. Des Weiteren wird auch die Sachbeschädigung durch Unbrauchbarma- chen iSd § 125 StGB ausscheiden müssen, da nach hM nicht leicht zu entfernende Prothesen oder Implantate dem Körper zugerechnet werden und diese keine selbstständigen Sachen mehr darstellen.23 Für solche mE strafwürdigen und strafbedürftigen Fälle bleibt de lege lata offenbar tatsächlich nur der „Widerrechtliche Zugriff auf ein Computersystem“ (§ 118a StGB) übrig, aller- dings lediglich unter der Voraussetzung, dass eine spezifische Sicherheitsvorkehrung im „Compu- tersystem“ vorhanden ist und diese vom „Hacker“ auch überwunden wurde. Hier gibt es mE je- denfalls einen Nachbesserungsbedarf in der Strafrechtsdogmatik. Die „digitale Erpressung“ mittels des Einsatzes sog „Ransomware“24 ist wohl das derzeit praxisre- levanteste Phänomen der im Vortrag angesprochenen Fallbeispiele. Da hier eine spezielle Schad- software, sog „Malware“,25 zum Einsatz kommt, wäre jedenfalls für diesbezügliche Vorberei- tungshandlungen an das Vorbereitungsdelikt des § 126c StGB (Missbrauch von Computerpro- grammen und Zugangsdaten) zu denken, das selbst wiederum jede Menge Besonderheiten auf- weist.26 Dieses Vorbereitungsdelikt tritt allerdings aufgrund materieller Subsidiarität zurück, so- bald eines der dort in § 126c Abs 1 StGB genannten Hauptdelikte zumindest versucht wurde. Abschließend möchte ich noch ein Statement zum letztbesprochenen Fall hinsichtlich voll- autonomer Smart Cars abgeben. Die Entwicklungen im Bereich des maschinellen Lernens sind mittlerweile soweit fortgeschritten, dass intelligente Systeme tatsächlich eigenständig Entschei- dungen treffen können. Es handelt sich dabei um selbstlernende Algorithmen, wie sie etwa im Bereich der Gesichtserkennung oder bei Fahrerassistenzsystemen in der Automobilindustrie bereits eingesetzt werden. Ein solches intelligentes System wird mittels eingespielter Beispielda- tensätze quasi „erzogen“. Das heißt, es werden nicht einfach Beispieldaten im System abgespei- chert, welche in weiterer Folge bezüglich vordefinierter, dh dem System bereits bekannter, Sach- verhalte abgerufen werden, sondern das System „erkennt“ durch Analyse der Beispielsdaten Muster und Gesetzmäßigkeiten und wendet diese auf neue Szenarien völlig autonom auf Grund- lage dieses „Erfahrungswissens“ an. Aus heutiger Sicht ist es dabei undenkbar, alle möglichen Systementscheidungen hinsichtlich aller möglichen Sachverhalte vorauszudenken. Besondere strafrechtliche Herausforderungen treten dabei insb bei einem verursachten Schaden im Zusammenhang mit selbstlernenden Algorithmen und einer etwaigen Fahrlässigkeitsstrafbarkeit in Erscheinung. Diese beginnen bereits bei der Frage, wer – also Programmierer, Hersteller uÄ – 22 Siehe dazu Schwaighofer in Höpfel/Ratz (Hrsg), Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch – StGB2 § 105 Rz 24 und 27 (Stand 1. 5. 2016, rdb.at). 23 Vgl Burgstaller/Fabrizy in Höpfel/Ratz, WK2 § 83 Rz 4; in diesem Sinne auch Bachner-Foregger in Höpfel/Ratz (Hrsg), Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch – StGB2 § 190 Rz 4 (Stand 1. 11. 2009, rdb.at). 24 Siehe dazu Bergauer in Kert/Kodek Rz 11.31. 25 Zusammengesetztes Kurzwort für „malicious software“. 26 Siehe dazu ausführlich jüngst Bergauer, Computerstrafrecht 317 ff.
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Austrian Law Journal Band 2/2017
Titel
Austrian Law Journal
Band
2/2017
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
108
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
Zeitschriften Austrian Law Journal
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