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Austrian Law Journal, Band 2/2017
Seite - 127 -
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Seite - 127 - in Austrian Law Journal, Band 2/2017

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ALJ 2/2017 Der digitalisierte Steuerzahler 127 notwendigen Steuerdaten computergerecht aufbereiten.13 Doch überfordert die Eingabe auf- grund des komplizierten Steuerrechts14 die Betroffenen in aller Regel.15 Wer die für die Steuerer- klärung maßgeblichen Steuerfragen alleine am Rechner beantworten will, wird nicht alle maß- geblichen Steuerdaten korrekt eingeben. In der Dateneingabe liegt eine zentrale Fehlerquelle des digitalisierten Verfahrens. Die beschlossene Reform hat bewusst nur das Verfahren modernisiert, nicht aber das materielle Steuerrecht vereinfacht. Der Gesetzgeber verkennt in dieser Trennung, dass sich nicht jedes Gesetz automatisiert anwenden lässt. Nur hinreichend klare Regeln – wie Geschwindigkeitsbeschränkungen – können ohne Beamte verwirklicht werden. Mit der gemesse- nen Überschreitung steht die Rechtsfolge fest. Das Steuerrecht ist aber gegenwärtig zu kompli- ziert, um idR automatisiert angewandt werden zu können. Die digitalisierte Steuererhebung ver- langt daher eine Vereinfachung des materiellen Steuerrechts.16 Die in Kraft getretene automatische Anwendung eines wegen der Kompliziertheit nicht automa- tisch anwendbaren Steuerrechts belastet im Ergebnis nach Wahrscheinlichkeit und Vermutung. Dann aber wird strukturell auf die Gesetzmäßigkeit der Besteuerung und auf die Gleichheit im gesetzlichen Belastungserfolg17 verzichtet – und dies im Bereich der Eingriffsverwaltung. Zudem wurde entgegen der üblichen Bezeichnung kein „automatischer Vollzug“ und auch keine „ausschließlich automationsgestützte Steuerfestsetzung“,18 sondern etwas anderes beschlossen: eine rechnergeleitete Selbstveranlagung. Der Begriff des Vollzugs beschreibt die Konkretisierung der Gesetze durch eine bewusste Entscheidung der Rechtsanwendung.19 Der Computer aber entschei- det – anders als der Mensch – nicht, er rechnet. Der steuerliche Gesetzesvollzug ist jedoch nicht in diesem Sinne berechenbar. Der Steuerpflichtige unterbreitet bei der Eingabe seiner Steuerda- ten einen Subsumtionsvorschlag, den der Rechner vielleicht in Teilen korrigiert, regelmäßig aber übernimmt. Aus dem Rechtsgespräch mit der Finanzverwaltung wird ein Selbstgespräch am Rechner. Am Ende prägt die Rechtsauffassung des Steuerpflichtigen den Steuerbescheid. Der Rechtsstaat aber verlangt, dass die Verwaltung die Gesetzeskonkretisierung verantwortet.20 Die technischen Möglichkeiten geben der Finanzverwaltung erhebliche Informationen über die Steuerpflichtigen. Insb der landesweite Abgleich mit parallelen Fällen – von bestimmten Unter- nehmen, Zahnärzten, Rechtsanwälten oder Angestellten – verdeutlicht steuerliche Regelfälle und Abweichungen vom Normalfall. Der Fiskus hat überlegenes Wissen. Dann aber sollte er nicht den 13 Siehe zur notwendigen Koordination: Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 3. 2. 2016 BT-Drs 18/7457, 50, 100 ff, 119; Gläser/Schöllhorn, Die wesentlichen Neuerungen in der AO nach dem Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens, DStR 2016, 1577 (1578). 14 Deutlich Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band III2 (2012) 1393 ff; Lang in Tipke/Lang (Hrsg), Steuerrecht20 (2009) VII (Vorwort); P. Kirchhof, Der sanfte Verlust der Freiheit (2004) 1 ff, 129 ff; Mellinghoff, Erneuerung des Steuer- rechts – Reformüberlegungen am Beispiel der Besteuerung von Einkommen und Vermögen, DStJG 37 (2014) 1 (3); Drüen, Prinzipien und konzeptionelle Leitlinien einer Einkommensteuerreform, DStJG 37 (2014) 9 (12 ff); Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht22 § 3 Rz 1 ff; Hüttemann, Steuerrechtsprechung und Steuerumgehung, DStR 2015, 1146 (1148 mwH); Schön, Steuerpolitik 2008 – Das Ende der Illusion? DStR-Beihefter zu Heft 17/2008, 10 (10 ff). 15 Mit Blick auf die beschlossene Modernisierung des Besteuerungsverfahrens G. Kirchhof, FR 2015, 773 ff. 16 G. Kirchhof, FR 2015, 773 ff. 17 BVerfG 2 BvR 323/10 DStR 2016, 1731 Rz 101 (Altersvorsorgeaufwendungen); BVerfG 1 BvR 2664/09 NVwZ-RR 2010, 457 Rz 46 (Zweitwohnungssteuer); BVerfG 2 BvL 17/02 BVerfGE 110, 94 Rz 63 (Spekulationssteuer); BVerfG 2 BvR 301/98 BVerfGE 101, 297 Rz 38 (häusliches Arbeitszimmer); BVerfG 2 BvL 77/92 BVerfGE 96, 1 Rz 25, 31 (Weihnachtsfreibetrag); BVerfG 2 BvR 1493/89 BVerfGE 84, 239 Rz 104, 106, 109 (Zinsbesteuerung). 18 Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 3. 2. 2016 BT-Drs 18/7457, 48 f. 19 Siehe hierzu in der Perspektive des Gesetzes G. Kirchhof, Die Allgemeinheit des Gesetzes (2009) 304 ff. 20 Siehe zur tatsächlichen und faktischen Selbstveranlagung Seer, Der Vollzug von Steuergesetzen unter den Bedin- gungen einer Massenverwaltung, in DWS-Symposium (2014, 2015) 7 (10 ff); Seer, DStJG 31 (2008) 7 (31 ff).
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Austrian Law Journal Band 2/2017
Titel
Austrian Law Journal
Band
2/2017
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
108
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
Zeitschriften Austrian Law Journal
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