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Austrian Law Journal, Band 2/2017
Seite - 129 -
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Seite - 129 - in Austrian Law Journal, Band 2/2017

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ALJ 2/2017 Der digitalisierte Steuerzahler 129 III. Die geltende Mischung aus Ist- und Soll-Ertragsbesteuerung ist zum System zu machen Das geltende Steuerrecht zeichnet einen Weg, der eine weitgehende digitalisierte Anwendung des Steuerrechts ermöglichen könnte: Der Gesetzgeber sollte bewusst mehr Elemente der Soll- Ertragsbesteuerung nutzen. Ausgangspunkt des geltenden Einkommensteuerrechts ist zu Recht der Ist-Ertrag.28 Die Ist-Ertragsteuer wird aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip hergeleitet. Die Steuer richtet sich nach der tatsächlichen Leistungsfähigkeit, belastet einen bestehenden, einen Ist-Ertrag, der möglichst genau ermittelt wird. Die Soll-Ertragsteuer legt demgegenüber einen erwarteten Ertrag zu Grunde. So wurden die Erträge und die Steuerlast zB eines landwirtschaftli- chen Unternehmens durch die preußische Klassensteuer aus dem Jahr 1820 nach äußeren Krite- rien bemessen: der Nutzart, der Größe, der Lage, der Anzahl der Mitarbeiter und der sichtbaren Kapitalausstattung.29 Diese Sollbesteuerung folgte drei Erwägungen. Der Vollzug ging dem Fiskus und den Steuerbetroffenen leicht von der Hand. Die Belastung der Steuerbetroffenen durch das Verfahren war äußerst gering, weil lediglich Äußerlichkeiten ermittelt werden mussten. Zweitens wurden die Daten der Steuerpflichtigen geschont, weil keiner die Finanzsphäre – den landwirt- schaftlichen Betrieb – betreten musste. Schließlich wurden – drittens – in einer Gleichheit im Typus Steuerhinterziehungen verhindert.30 Die Soll-Ertragsbesteuerung wird zu Recht kritisiert. Erwirtschaftet der Steuerpflichtige mehr als die erwarteten Einnahmen, zahlt er eine im Vergleich zu seiner Leistungsfähigkeit geringere Steuer. Unterschreitet sein Ertrag die Erwartung, muss er eine Steuerschuld begleichen, die seine Leistungsfähigkeit übertrifft und ihn daher überfordert. Die Besteuerung des tatsächlichen Er- trags ist heute im Einkommensteuerrecht eine Selbstverständlichkeit.31 Das geltende Recht ist gleichwohl von vielen Elementen der Soll-Ertragsbesteuerung geprägt. Die schedulenartige Be- steuerung der Land- und Forstwirtschaft und der Kapitalerträge ist eine von solchen Elementen geprägte Sonderbehandlung.32 Die zahlreichen Steuerbefreiungen des § 3 dEStG wollen ebenfalls Sondersituationen gerecht werden. Über die Einkunftsarten hinaus weist das gesamte Steuer- recht Elemente der Soll-Ertragsbesteuerung auf, insb in Abzugsverboten und Abzugsbeschrän- kungen, in der Absetzung für Abnutzung, in Freibeträgen und Freigrenzen sowie in Pauschalen.33 28 Tipke, Die Steuerrechtsordnung I: Wissenschaftsorganisatorische, systematische und grundrechtlich-rechts- staatliche Grundlagen2 (2000) 497 f; Tipke, Die Steuerrechtsordnung II: Steuerrechtfertigungstheorie, Anwendung auf alle Steuerarten, sachgerechtes Steuersystem2 (2003) 631 ff; Hey in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, Einlei- tung, Anm 18; BFH I R 20/15 BFHE 252, 44 Rz 38 mwN (Vorlage Zinsschranke); BVerfG 2 BvL 37/91 BVerfGE 93, 121 Rz 50, 56 ff (Vermögensteuer); vgl BVerfG 2 BvR 2194/99 BVerfGE 115, 97 Rz 28 (Einkommen- und Gewerbe- steuer). 29 Knöller, Die Besteuerung von Sollertrag und Istertrag (2015) 225 ff mwN. 30 Insgesamt Knöller, Besteuerung 225 ff mwN. 31 Siehe FN 29 mwN. 32 Schedulenartige Einkunftsarten: Land- und Forstwirtschaft (Besteuerung nach Durchschnittssätzen, § 13a dEStG); Besteuerung der Kapitalerträge (§ 2 Abs 5b dEStG; Verlustverrechnungsbeschränkung, § 20 Abs 6 S 1 dEStG; Spa- rer-Pauschbetrag, § 20 Abs 9 dEStG); Tonnagebesteuerung bei Handelsschiffen im internationalen Verkehr (§ 5a Abs 1 dEStG); für die Kapitalertragsteuer: G. Kirchhof in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, Einleitung, Anm 271. 33 Allgemeine Erwerbssphäre – Elemente der Soll-Ertragsbesteuerung: ua Zinsschranke (§ 4h dEStG, § 8a dKStG), Abzugsverbote (zB § 4 Abs 5 dEStG), private Kfz-Nutzung (§ 4 Abs 5 Z 6 S 2 ff, § 6 Abs 1 Z 4 S 2 ff dEStG, § 9 Abs 1 S 3 Z 4 f dEStG), Investitionsrücklage (§ 6b dEStG), Übertragung stiller Reserven (§ 6c dEStG), AfA (§ 7 dEStG), Investitionsabzugsbetrag (§ 7g Abs 1 dEStG), Sonderabschreibung für kleinere und mittlere Betriebe (§ 7g Abs 5, 6 dEStG), Werbungskostenpauschalen, Verlustverrechnungs- (zB §§ 20 Abs 6, § 23 Abs 3 S 7 f dEStG) und Verlust- abzugsbeschränkungen (§ 10d dEStG), Verluste bei beschränkter Haftung (§ 15a dEStG), Freibeträge und Frei- grenzen (zB § 13 Abs 3 dEStG), private Veräußerungsgewinne (§ 23 dEStG), Anrechnung der GewSt (§ 35 dEStG). Lohnsteuer – Elemente der Soll-Ertragsbesteuerung: ua Werbungskostenpauschalen (§ 9a dEStG), Verpflegungs-
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Austrian Law Journal Band 2/2017
Titel
Austrian Law Journal
Band
2/2017
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
108
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
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