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Austrian Law Journal, Band 2/2017
Seite - 137 -
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ALJ 2/2017 Digitalisierung und Selbstbestimmung 137 Stattdessen ist eine andere Beobachtung in den Vordergrund zu rücken, die mit der genannten Herausforderung zwar nicht unbedingt verwandt, aber doch verschwägert ist und den zuvor geäußerten umfassend positiven Befund, was Digitalisierung und Selbstbestimmung anlangt, doch ein Stück weit relativiert. Anzusetzen ist dabei freilich zunächst genau bei jenen Momenten, die das gegenständliche Phä- nomen in so hohem Maß positiv erscheinen lassen, was die Förderung selbstbestimmter Lebens- führung anlangt: der ökonomisch und technisch niederschwellige Zugang zu endgeräteübergrei- fenden Anwendungen, die damit insgesamt das ermöglichen, was mittlerweile prominent unter dem Begriff des „Onlife“ firmiert,6 also eine Lebensführung, die zentral durch die Verwebung virtueller und realer Elemente gekennzeichnet ist; zugleich eine Lebensführung, die Rahmenbe- dingungen unterworfen ist, die sich in eben dieser Verwebung entwickeln; eine Lebensführung, die vielfach auf Basis der Nutzbarkeit der konventionellen Funktionen virtueller Teilhabe in den einzelnen Applikationen funktionale Konventionen etabliert, die sich in Erwartungshaltungen manifestieren und über diese zu sozialen Normen verdichten. III. Jenseits des Limbus Anders, und vielleicht ein wenig einfacher, formuliert: Aus dem Potenzial, bestimmte Formen sozialer Teilhabe in Anspruch zu nehmen, erwächst bei entsprechender Nutzungsfrequenz im realen sozialen Umfeld auch der Druck, diese Möglichkeit wahrzunehmen und sich damit nicht nur den expliziten Regeln der Nutzung, sondern auch den impliziten Usancen zu unterwerfen, die sich aus den Funktionalitäten der jeweiligen Applikation ergeben. Die Alternative dazu ist oftmals nur ein Leben im sozialen Limbus: Wer als Mittdreißiger keine Mitgliedschaft bei Facebook oder anderen sozialen Netzwerken vorweisen kann, wird wohl nur noch die Hälfte aller Einladungen zu den minderwichtigen Zusammenkünften seiner Freunde und Bekannten erhalten (wen dann unverhofft einmal eine Textnachricht mit der Bitte um eine Postanschrift erreicht, der weiß, dass eine Hochzeit ansteht). Wenn man jedoch einer jüngeren Generation angehört, erscheint die Teilnahme an virtuellen sozialen Netzwerken beinah alternativlos.7 Allzu viel Raum für Selbstbestimmung bleibt in diesem Zusammenhang nicht. Zugespitzt formu- liert bedeutet es, sich mit beachtlicher Duldsamkeit formellen wie informellen Peer-review- Mechanismen (Jon Ronson hat dieses Phänomen treffend als mutual grooming bezeichnet)8 zu unterwerfen, Feedbackschleifen, die vielfach dazu verhalten, die reale Lebensführung schon antizipativ mit ihrer virtuellen Repräsentanz in Einklang zu bringen; einer Repräsentanz, von der implizit klar ist, dass sie von einem bestimmten Erwartungsdruck der Umgebung geprägt ist, und die dementsprechend von der Dokumentation des soeben konsumierten Fünfgangmenüs über die Zurschaustellung intimer Aspekte der eigenen Körperlichkeit und die (oftmals auch als Kon- sequenz anzusehende) differenzierte Inanspruchnahme der Anzeige des Beziehungsstatus bis 6 Vgl wiederum Floridi, 4th Revolution 59–86. 7 Vgl nur das Datenmaterial bei Perrin, Social Networking Usage: 2005–2015, Pew Research Center (2015) http://www.pewinternet.org/files/2015/10/PI_2015-10-08_Social-Networking-Usage-2005-2015_FINAL.pdf (abgefragt am 12. 6. 2017). Aus entwicklungspsychologischer Perspektive vgl etwa Antheunis/Schouten/Krahmer, The Role of Social Networking Sites in Early Adolescents’ Social Lives, Journal of Early Adolescence 2014, 1. 8 Ronson, So you’ve been Publicly Shamed (2015) 267.
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Austrian Law Journal Band 2/2017
Titel
Austrian Law Journal
Band
2/2017
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
108
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
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