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Austrian Law Journal, Band 2/2017
Seite - 157 -
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ALJ 2/2017 Tina Ehrke-Rabel 157 Fest steht aber, dass Veranlagungsabgaben jedenfalls39 durch einen Bescheid festgesetzt wer- den. Anders als im allgemeinen Abgabenverfahren bedĂŒrfen automationsunterstĂŒtzt erlassene Bescheide weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung und gelten, wenn sie weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung aufweisen, als durch den Leiter der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde genehmigt (§ 96 BAO).40 Der VwGH hĂ€lt die „Freigabe“ des Be- scheides durch einen Organwalter fĂŒr ausreichend, um die RĂŒckfĂŒhrung der Ausfertigung auf den Willen eines Organwalters der Behörde zu ermöglichen.41 Das Abgabenrecht lĂ€sst also die automationsunterstĂŒtzte Bescheidausfertigung ohne weiteres zu. Die ÜberprĂŒfung der ĂŒbermittelten Daten kann also durchaus durch eine Maschine vorgenom- men werden. So könnte eine Unterscheidung zwischen „wenig auffĂ€lligen“ und „auffĂ€lligen“ SteuererklĂ€rungen getroffen werden.42 Angesichts der im VerhĂ€ltnis zum allgemeinen Verwal- tungsverfahren umfassenden Rechtskraftdurchbrechungsmöglichkeiten könnten also in den wenig auffĂ€lligen FĂ€llen auf konkrete Nachforschungen verzichtet und zunĂ€chst ein erklĂ€rungs- konformer Bescheid automatisch erlassen werden. Dies hĂ€tte den Vorteil, dass der Staat schnel- ler zu seinem Geld kommt. Die knappen Humanressourcen könnten dann gezielt in den auffĂ€lli- gen FĂ€llen eingesetzt werden. Gesetzlich explizit geregelt ist eine solche Datenverarbeitung der- zeit nicht. Die BAO sieht nur vor, dass die Finanzbehörde eine elektronische Dokumentation (ein Dokumentationsregister) anlegen (§ 114 Abs 2 BAO) und Anbringen und andere das Verfahren betreffende Anbringen mit automationsunterstĂŒtzter Datenverarbeitung erfassen darf (§ 114 Abs 3 BAO). Außerdem ermĂ€chtigt § 114 Abs 4 BAO die Abgabenbehörden, Daten automationsunter- stĂŒtzt zu verarbeiten, die ihnen im Rahmen ihrer ZustĂ€ndigkeit entweder aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen oder freiwillig ĂŒberlassen oder die sonst bei der Vollziehung von Abgabenvor- schriften und bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben gewonnen werden. Die Datenverarbeitung ist nur zulĂ€ssig, soweit sie erforderlich und verhĂ€ltnismĂ€ĂŸig ist. Das bedeutet, dass die Datenver- arbeitung zur Verhinderung und zur AufklĂ€rung abgabenrechtlicher Gesetzesverletzungen geeig- net, erforderlich und angemessen sein muss. Ob diese sehr generelle ErmĂ€chtigung als hinrei- chende Grundlage fĂŒr einen Datenabgleich und eine Vorselektion in der beschriebenen Form taugt, darf hier zumindest in Frage gestellt werden. Fest steht, dass Steuerbescheide vielfach zunĂ€chst erklĂ€rungskonform und immer automations- unterstĂŒtzt erlassen werden.43 In seltenen FĂ€llen ergehen nach Übermittlung der SteuererklĂ€rung und vor Erlassung des Steuerbescheides behördliche Nachfragen. Dass elektronisch eingereichte SteuererklĂ€rungen bereits vor Erlassung des Bescheides einem automatisierten ÜberprĂŒfungs- prozess unterworfen werden, erscheint also nicht unwahrscheinlich. Aus grundrechtlicher und insb datenschutzrechtlicher Sicht dĂŒrfte dieses Vorgehen auch unbedenklich sein, solange der 39 Bei Selbstbemessungsabgaben setzt die Entrichtung der Abgabenschuld durch den Steuerpflichtigen, ohne dass die Finanzverwaltung in irgendeiner Form an der Festsetzung mitgewirkt hat, den (vorlĂ€ufigen) Endpunkt. 40 Nach den ErlĂ€utRV 108 BlgNR 17. GP 40, die zur EinfĂŒhrung des § 96 letzter Satz BAO fĂŒhrten, erging bereits im Jahr 1987 eine Vielzahl von Bescheiden in einem „vollautomatisierten“ Verfahren. Die gesetzliche Vermutung an Stelle des Unterschriftserfordernisses wurde daher eingefĂŒhrt, um die von VfGH und VwGH geforderte Unter- schrift als Willensbekundung des Organwalters der zustĂ€ndigen Behörde zu ersetzen. Dazu schon Holzinger, Der „Computerbescheid“ in der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, in FS W. Rosenzweig (1988) 193 (194). 41 VwGH 24. 11. 2011, 2008/15/0205; 16. 12. 2010, 2009/15/0002; 14. 12. 2006, 2005/14/0014. 42 Ehrke-Rabel/Hödl, Profiling, DAKO 2017, 59 f. 43 Rombold, § 299 BAO als kleine Schwester der „Abgabenfestsetzung unter Vorbehalt“, SWK 2005, 910; Gunacker- Slawitsch, Auskunftspflicht als Grundlage fĂŒr die „Nachbescheidkontrolle“? RdW 2011, 699 (711).
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Austrian Law Journal Band 2/2017
Titel
Austrian Law Journal
Band
2/2017
Autor
Karl-Franzens-UniversitÀt Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
108
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
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