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Austrian Law Journal, Band 2/2018
Seite - 76 -
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Seite - 76 - in Austrian Law Journal, Band 2/2018

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ALJ 2018 Das „Geburtshaus Hitlers“ in Braunau am Inn 76 braucht wird, besteht ein konkretes öffentliches Interesse an der Verhinderung dessen. In die- sem Sinne begründet § 3 VerbotsG ein öffentliches Interesse daran, dass das Haus davor be- wahrt wird, für einen verfassungsgesetzlich normierten Straftatbestand der Wiederbetätigung verwendet zu werden; das ist ein negatives Interesse an der Unterlassung bzw. Verhinderung einer derartigen Miteinbeziehung der Immobilie. Wiederum besteht allerdings das Problem da- rin, dass es nicht die Immobilie selbst ist, welche den Tatbestand der Wiederbetätigung erfüllt. Ebenso wenig gibt es bisher gegen die vormalige Eigentümerin – öffentlich bekannte – Anschuldi- gungen, sich selbst der Wiederbetätigung schuldig gemacht zu haben oder ihre Immobilie dafür Preis zu geben. Das bedeutet, das öffentliche Interesse im Zusammenhang mit § 3 VerbotsG besteht darin, dass dritte Personen von der Miteinbeziehung der Immobilie in die Erfüllung des Straftatbestandes der Wiederbetätigung abgehalten werden sollen. Zudem ist das verfassungsgesetzlich garantierte Wiederbetätigungsverbot als zu Grunde liegen- des öffentliches Interesse in weiterer Hinsicht problematisch. Das öffentliche Interesse daran könnte bereits mit dem strafrechtlichen Verbot erschöpft sein. Wird die einschlägige Straftat begangen, kann und muss der Staat einschreiten. Dieser staatliche Strafanspruch steht klar im öffentlichen Interesse.54 Fraglich ist aber, ob die Republik sich auf ein öffentliches Interesse beru- fen kann, wodurch weitergehende Schritte gerechtfertigt werden als „nur“ das Bestrafen von einschlägigen Straftaten. Unsicher ist, ob eine Gewährleistungspflicht des Staates dahingehend besteht, alle denkbaren Formen der Wiederbetätigung präventiv zu unterbinden. Ein derartiges präventives Verständnis des Wiederbetätigungsverbotes, das sohin als Rechtfertigung für Grund- rechtseingriffe dienen soll, wäre zumindest stark begründungsbedürftig. Das bedeutet, dass auch die Berufung auf § 3 VerbotsG für sich genommen nicht ausreicht, um das öffentliche Interesse an dem Objekt als konkreten Enteignungsbedarf zu begründen. c. Der konkrete, im öffentlichen Interesse liegende, Bedarf besteht in der Wahrnehmung der betroffenen Immobilie Die grundsätzlich ablehnende Haltung der Republik im Umgang mit nationalsozialistischem Ge- dankengut ist klar. Der StV Wien, das VerbotsG sowie die ständige Rechtsprechung des VfGH als auch die vom VfGH im gegenständlichen Verfahren aus den einschlägigen Bestimmungen vorge- nommene positivierte Wertung lassen daran keinen Zweifel. In der kurzen Analyse beider bun- desverfassungsgesetzlichen Bestimmungen ist allerdings eine besondere Schwierigkeit in der Definition des konkreten, im öffentlichen Interesse liegenden, Bedarfs an dem Bürgerhaus mit der Adresse Salzburger Vorstadt 15 in 5280 Braunau am Inn hervorgetreten: Trotz der klaren Grundhaltung erscheint es fragwürdig, wie dieses sehr allgemeine öffentliche Interesse in Bezug auf das hier betroffene Haus konkretisiert werden kann. Inwieweit ist die Verhinderung des Missbrauchs mit dem Eigentum an dem Grundstück verbunden? Besucht wird jeweils der Ort. Das Haus wird dabei nicht betreten, da es seit den 70ern vom Bundesministerium für Inneres gemietet wird. Es ist somit kein Grundstück, das benötigt wird, um ein Infrastrukturprojekt zu ermöglichen. Das öffentliche Interesse daran besteht folglich nicht einfach darin, das Grundstück ins Staatseigentum zu überführen, weil ein bestimmtes Infrastrukturprojekt nur mit diesem Grundstück ermöglicht werden kann. Problematisch im gegenständlichen Fall ist die Zuschrei- 54 Vgl dazu bspw nur allg VfSlg 20.156/2017 Rz 115. „Das (offiziose) strafgerichtliche Verfahren dient dem öffentlichen Interesse an der Aufklärung von (Kriminal-)Straftaten, der Verfolgung verdächtiger Personen und der Bestrafung rechts- kräftig Verurteilter, also der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruches.“
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Austrian Law Journal Band 2/2018
Titel
Austrian Law Journal
Band
2/2018
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
94
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
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