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Austrian Law Journal, Band 2/2018
Seite - 77 -
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Seite - 77 - in Austrian Law Journal, Band 2/2018

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ALJ 2018 Lando Kirchmair 77 bung zu dem Haus. Darin liegt der Unterschied zu den bisherigen anerkannten öffentlichen Inte- ressen im Hinblick auf sonstige gerechtfertigte Eigentumsbeschränkungen und Eingriffe in die Unversehrtheit des Eigentums.55 Die Expertenkommission hat ausdrücklich empfohlen, dass das „Geburtshaus Adolf Hitlers […] zur dauerhaften Unterbindung jeglicher nationalsozialistischer Wiederbetätigung und eines bejahenden Gedenkens an den Nationalsozialismus mit Gesetz enteignet werden und ins Eigentum der Republik Österreich übergehen“56 soll. Der hochkarätig besetzten Kommission kommt durch die in ihr ver- einte Expertise ein beträchtliches Gewicht zu. Gerade ihre Aufgabe, die „rechtlichen, historischen als auch sicherheitspolitischen Fragen zum Umgang mit dem Geburtshaus Hitlers zu erörtern und eine Empfehlung [zum historisch korrekten Umgang mit dem Haus] abzugeben“ stehen in direktem Zu- sammenhang mit dem öffentlichen Interesse und sohin dem Zweck der Enteignung.57 Dennoch muss diese Autorität auch argumentativ untermauert werden. Das öffentliche Interesse muss so konkret wie möglich sichtbar und nachvollziehbar werden. Der Abschlussbericht der Experten- kommission ist kurz. Die Begründung ihrer starken Aussage ist äußerst knapp. Die relevante Frage zur Bestimmung des öffentlichen Interesses ist, inwiefern von dem allgemei- nen öffentlichen Interesse und der kompromisslosen Haltung der Ablehnung des Nationalsozia- lismus, der Beseitigung der Spuren des Nazismus gem StV Wien sowie des VerbotsG im Allge- meinen und des Wiederbetätigungsverbots im Speziellen auf einen konkreten im öffentlichen Interesse liegenden Bedarf geschlossen werden kann, das Eigentum über die betroffene Immobi- lie zu erlangen. Das öffentliche Interesse an der betroffenen Immobilie besteht in deren Wahr- nehmung. Die Wahrnehmung ist aktuell fokussiert auf die Geburt und das Verbringen der ersten sechs Wochen von Adolf Hitler in ebendieser Immobilie. Die dadurch begründete Symbolik des Hauses, hat es zu einer Pilgerstätte für Anhänger nationalsozialistischen Gedankengutes ge- macht. Der konkrete Bedarf besteht folglich in einem negativen Interesse (1), in der Form der Verhinderung des Missbrauchs des Hauses durch seine Geschichte; jedenfalls in der Form der Verhinderung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Bestimmungen in Art. 9 StV Wien sowie § 3 VerbotsG. Damit eng verbunden ist (2) ein positives Interesse, das darin besteht, das Haus bzw. dessen Wahrnehmung so positiv zu besetzen, dass (1) dem Missbrauch vorgebeugt wird. Die hier aufgespürten Schwierigkeiten bezüglich der Konkretisierung des öffentlichen Interesses haben Folgewirkungen. Da dieses öffentliche Interesse schwierig zu konkretisieren ist und Sym- bolik als Enteignungszweck neuartig ist, ist zum einen besonders auf die Verhältnismäßigkeit Bedacht zu nehmen. Zum anderen ist es diesem vagen öffentlichen Interesse und der Symbolik als Enteignungszweck geschuldet, dass gerade die Erfüllung des Enteignungszweckes als imma- nente Voraussetzung der Enteignung zukünftig Potenzial für Unsicherheiten birgt. 3. Verhältnismäßigkeit der Legalenteignung a. Ist die Enteignung geeignet, den öffentlichen Bedarf zu erfüllen? Damit die Enteignung verfassungskonform ist, muss das Objekt der Enteignung unmittelbar dazu geeignet sein, den soeben skizzierten zweigliedrigen konkreten Bedarf, dessen Deckung im öf- 55 Vgl dazu oben FN 26–35. 56 Kommission zum historisch korrekten Umgang mit dem Geburtshaus Adolf Hitlers. 57 ErläutRV 1250 BlgNR 25. GP § 1.
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Austrian Law Journal Band 2/2018
Titel
Austrian Law Journal
Band
2/2018
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
94
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
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