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Austrian Law Journal, Band 2/2018
Seite - 82 -
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ALJ 2018 Das „Geburtshaus Hitlers“ in Braunau am Inn 82 mit geklärt ist. Gerade die Unklarheit bezüglich der zukünftigen Nutzung des Hauses und die schwierige Aufgabe, die Zuschreibung zu dem Haus umzugestalten, erfordern noch weitere Überlegungen. Damit verbunden sind auch (verfassungs-)rechtliche Unsicherheiten. Bevor die drohende Pflicht der Rückübereignung angesprochen wird, soll kurz erläutert werden, ob ein widersprechendes Urteil des EGMR drohen könnte und welche rechtliche Konsequenzen daraus erwachsen könnten. III. Was kann passieren? A. Art 1 1. ZP zur EMRK und ein potenziell widersprechendes Urteil des EGMR Der VfGH prüft eine Verletzung von Art 5 StGG und Art 1 1. ZP zur EMRK.79 Der Eigentumsbe- griff des Art 1 1. ZP zur EMRK80 ist allerdings weiter als der des Art 5 StGG.81 Im gegenständli- chen Fall ist der weitere Eigentumsbegriff aber nicht relevant, weil auch unstrittig in Art 5 StGG eingegriffen wurde.82 Insofern ein Eingriff in Eigentum allerdings als konventionswidrig zu qua- lifizieren ist,83 ist aufgrund des Verfassungsrangs der EMRK84 dies ebenso eine Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten.85 Dementsprechend berücksichtigt auch der VfGH die Rechtsprechung des EGMR.86 Dennoch ist fraglich, ob eine Individualbeschwerde vor dem EGMR aufgrund einer unterschiedlichen Qualifikation der Vorkommnisse im gegenständ- lichen Fall erfolgversprechend sein könnte. So ist zunächst auch gem EMRK die Enteignung der Liegenschaft ein klarer Eingriff in das Eigentum der vormaligen Eigentümerin, welcher gesetz- lich vorgesehen und vom öffentlichen Interesse verlangt sein muss.87 Außerdem erfordert die Rechtsprechung des EGMR, dass das Gesetz grundsätzlich generell abstrakt gefasst ist.88 Aller- dings erkannte der EGMR bereits an, dass diesbezügliche Gesetze ausnahmsweise Einzelperso- 79 Vgl nur VfSlg 20.186/2017 Rz 26. 80 Zum Beitritt Österreichs zur EMRK und dem 1. ZP BGBl 1958/210; vgl dazu in Bezug auf Art 1 1. ZP zur EMRK Korinek in Korinek/Holoubek (Hrsg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht III (7. Lfg 2005) Art 1 1. ZP zur EMRK. 81 Vgl dazu Korinek in Merten/Papier/Kucsko-Stadlmayer 642 mwN auf Kucsko-Stadlmayer, Artikel 1 1. ZP, in Ermacora/ Nowak/Tretter (Hrsg), Die Europäische Menschenrechtskonvention in der Rechtsprechung der österreichischen Höchstgerichte (1983) 581 (698 ff), welche dies so vertreten hatte, sowie auf Öhlinger, Entscheidungsbesprechung, JBl 1998, 438 (442), welcher von einem „doppelten Eigentumsbegriff der österreichischen Verfassungsordnung“ spricht, ohne daraus ein unterschiedliches Schutzniveau für Eigentumsverbürgungen ableiten zu wollen. Vgl grds dazu Meyer-Ladewig/v. Raumer in Meyer-Ladewig/Nettesheim/v. Raumer (Hrsg), Europäische Menschenrechtskon- vention4 (2017) Art 1 1. ZP zur EMRK Rz 9–24 mwN. 82 Der VfGH prüft Art 5 StGG gemeinsam mit Art 1 1. ZP zur EMRK. 83 Vgl dazu allg Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention: ein Studienbuch6 (2016) Rz 9 zum Eingriff; vgl darüber hinaus ebenso Meyer-Ladewig/v. Raumer in Meyer-Ladewig/Nettesheim/v. Raumer, EMRK Art 1 1. ZP zur EMRK Rz 25–29 zum Eingriff sowie Rz 30–32 zum Begriff der Enteignung: „Enteignung ist Entziehung des Eigentums“. Würde folglich die vom VfGH vertretene Übertragungstheorie nicht wie oben dargelegt auch bspw auf die Vernichtung und das damit nur juristisch kurz übertragene Eigentum als Entziehung angewendet, würde das dem Konventionsbegriff der Enteignung nicht entsprechen. 84 BGBl 1964/59. 85 Vgl bspw Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht11 401: „Der VfGH wendet prinzipiell Art 5 StGG an, obwohl eine partiel- le materielle Derogation dieser Bestimmung durch Art 1 1. ZP-EMRK anzunehmen ist.“ 86 Vgl dazu statt vieler Berka, Die Grundrechte: Grundfreiheiten und Menschenrechte in Österreich (1999) Rz 323: „Die Interpretation der Konventionsrechte durch den EGMR genießt hohe Autorität und sie wird, auch von den österrei- chischen Höchstgerichten, im Allgemeinen strikt beachtet.“ 87 Meyer-Ladewig/v. Raumer in Meyer-Ladewig/Nettesheim/v. Raumer, EMRK, Art 1 1. ZP zur EMRK Rz 33–34; siehe ebenso Grabenwarter/Pabel, EMRK6 Rz 17. 88 Meyer-Ladewig/v. Raumer in Meyer-Ladewig/Nettesheim/v. Raumer, EMRK, Art 1 1. ZP zur EMRK Rz 35 mwN auf EGMR 3. 7. 1995, 13616/88, Serie A, Nr. 320-A, Hentrich/Frankreich Rz 42.
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Austrian Law Journal Band 2/2018
Titel
Austrian Law Journal
Band
2/2018
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
94
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
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