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Austrian Law Journal, Band 2/2018
Seite - 85 -
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Seite - 85 - in Austrian Law Journal, Band 2/2018

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ALJ 2018 Lando Kirchmair 85 brachte vermeintliche Verletzung von Art 6 EMRK und das Recht auf ein faires Verfahren sind hingegen wenig erfolgsversprechend.101 Denn im Verfahren Zumtobel hat der EGMR klargestellt, dass er dem VfGH nicht grundsätzlich die Tribunalqualität iSd Art 6 EMRK abspricht, sondern nur, wenn er keine Kognitionsbefugnis hat.102 Im gegenständlichen Normprüfungsverfahren hatte der VfGH allerdings volle Kognitionsbefugnis.103 B. Das Gebot der Rückübereignung Das Gebot der Rückübereignung ist dem Grundrecht auf Eigentumsschutz gem Art 5 StGG im- manent. Das macht den Auftrag einer positiven Nutzung mit dem Ziel die Zuschreibung zu die- sem Haus zu ändern besonders prekär. Wird der Enteignungszweck nicht erfüllt, droht die Pflicht zur Rückübereignung. § 2 EnteignungsG enthält bereits den Hinweis auf die potentielle Rück- übereignung: „(2) Wenn bestimmte Teile der Liegenschaft für die Erfüllung des Zweckes gemäß Abs. 1 nicht oder nicht mehr benötigt werden, sind diese dem bisherigen Eigentümer oder dessen Rechtsnach- folger zum Erwerb anzubieten.“ Das Gebot der Rückübereignung ist immanent bei nicht gänzli- chem Erfüllen des Enteignungszwecks. Die Konditionen für die Nichterfüllung des Zwecks dürfen zwar per Gesetz geregelt werden, aber die von Art 5 StGG gebotenen Grenzen müssen aufrecht bleiben.104 Das EnteignungsG besagt, dass bei nicht Erfüllung des Zwecks die Liegenschaft oder Teile davon zum Rückerwerb der ursprünglichen Eigentümerin angeboten werden müssen. Der Zweck der Enteignung wurde bereits benannt.105 Allerdings wurde ebenso bereits erwähnt, dass eine positive Änderung der Zuschreibung zum Objekt mit gewissen Schwierigkeiten behaftet ist. Der Vergleich zu einem Infrastrukturprojekt, welches entweder gebaut oder nicht gebaut werden kann, wurde gezogen. Die angedachte Nut- zung des Hauses muss, um dem Zweck der Enteignung gerecht zu werden, die negative Symbolik des Hauses dekonstruieren. Das ist keine leichte Aufgabe. Ebenso schwierig erscheint die Beur- teilung, ob dies nun geglückt ist. Stille Besucher, welche sich mit dem Objekt identifizieren wollen, sind nicht messbar.106 Ein erneuter öffentlichkeitswirksamer Besuch von Neonazis dagegen schon. Fraglich ist allerdings, ob der Enteignungszweck bereits dann verfehlt wird, wenn ein der- artiger Besuch stattfindet? Das zu beurteilen wäre Aufgabe der Behörde, „der im Zeitpunkt der 101 Siehe dafür den Bericht von Sendlhofer, „Hitlers Geburtshaus: Ex-Besitzerin kämpft weiter gegen Enteignung“, Kurier vom 7. 12. 2017, abrufbar unter https://kurier.at/chronik/oberoesterreich/hitlers-geburtshaus-ex-besitzerin- kaempft-weiter-gegen-enteignung/301.032.365. 102 EGMR 21. 9. 1993, 12235/86, Zumtobel/Österreich Rz 27–32: „It was also true of the Constitutional Court [die fehlende Tribunalqualität], as it was prohibited by law from reconsidering all the facts of a case.“ 103 VfSlg 20.186/2017 Rz 23; VfSlg 19.307/2011, IV.1.2. 104 VfSlg 7271/1974; 8981/1980; 11.828/1988. Siehe dazu Korinek in Korinek/Holoubek, B-VG Art 5 StGG Rz 36. Dem Gesetzgeber ist es nicht gestattet, „Regelungen zu erlassen, die dem Rückübereignungsberechtigten unzumutbare Hindernisse in den Weg legen“ (mwN in FN 157 auf VfSlg 13.744/1994; 14.042/1995; 14.043/1995). Korinek in Korinek/ Pauger/Rummel 23 mwN; vgl dazu im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung des EGMR Meyer-Ladewig/v. Raumer in Meyer-Ladewig/Nettesheim/v. Raumer, EMRK, Art 1 1. ZP zur EMRK Rz 40–47 insbesondere mwN (Rz 42 FN 100) auf EGMR 15. 1. 2008, 6489/03, Karaman/Türkei Rz  27–34 (für das nicht Verwenden iSd öffentlichen Zwecks) sowie (Rz 42 FN 101). EGMR 20. 7. 2010, 37546/02, Kececioglu ua/Türkei Rz 26 (für das Verstreichen langer Zeit zwischen Enteignung und Verwirklichung des Vorhabens). Das Gesetz darf jedenfalls die Rückübereignung nicht ausschlie- ßen Berka, Verfassungsrecht4 (2012) 518 mwN auf VfSlg 15.768/2000. 105 Siehe oben II.B.2. 106 Die Frage, „ob dem Ort nun der Mythos entzogen werden kann“, ist für NEOS Abgeordneten Alm eine „reine Glau- bensfrage.“ Siehe Parlamentskorrespondenz 1416 vom 14. 12. 2016 – 157. Sitzung des Nationalrates: Enteignung von Adolf Hitlers Geburtshaus im Nationalrat beschlossen.
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Austrian Law Journal Band 2/2018
Titel
Austrian Law Journal
Band
2/2018
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
94
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
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