Seite - 115 - in Austrian Law Journal, Band 2/2018
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ALJ 2018 Olaf Riss 115
sind dabei grundsätzlich2 nicht gewollt. (Nur) Sofern und soweit inhaltliche Eingriffe erforderlich
sind, um den Text verständlich(er) zu machen, sollen auch „zusätzliche Verbesserungen“ (Ergän-
zungen, Harmonisierungen und Streichungen) eingesetzt werden; solche weitergehenden Eingriffe
in den Gesetzestext sollen dann jedoch formal streng von reinen Formulierungsverbesserungen
(Textvorschlag) getrennt sein und werden daher als Alternativvorschlag ausgewiesen.3
Die übernommene Aufgabe brachte somit gewissermaßen eine doppelte Schwierigkeit mit sich.
Zum einen fiel es nicht ganz leicht, bei der kritischen Reflexion, zu der aufgefordert wurde, die
richtige Balance zwischen ausreichend konkreten Verbesserungsvorschlägen und den Gepflo-
genheiten im wissenschaftlichen Diskurs zu finden; (rein) sprachliche Hinweise und Anmerkun-
gen, wie man sie ohne Weiteres Diplomanden und Dissertanten angedeihen lässt, werden unter
Fachkollegen für gewöhnlich ja nicht in einer öffentlichen Diskussion ausgetauscht. Zum anderen
musste man sich bisweilen fast dazu zwingen, bei der Beschäftigung mit dem Gesetzestext Über-
legungen zu inhaltlichen Vorschlägen zu unterdrücken und stattdessen den Blick allein auf die
Verständlichkeit des Textes zu fokussieren.
II. Modernisierung – wozu eigentlich?
Wegen der – wie schon gesagt – etwas unkonventionellen Aufgabe in diesem Forschungsprojekt
seien ein paar knappe und meines Erachtens systematisch nützliche Vorbemerkungen gestattet,
bevor ich mich der mir zugedachten speziellen Fragestellung, also den §§ 353 bis4 379 ABGB zu-
wende.5
Das Verhältnis der österreichischen Zivilrechtswissenschaft zu „unserem ABGB“ scheint seit jeher
– gelinde gesagt – ambivalent. Auf der einen Seite wurden und werden6 seine Vorzüge hochge-
halten; es sei ein Kleinod und ein Meisterstück der Gesetzgebungskunst.7 Bisweilen schlägt die
positive Kritik sogar in Schwärmerei mit einer starken emotionalen Note um, wenn es etwa heißt,
das ABGB habe „nicht nur die Geister gewonnen, sondern auch die Herzen erobert“8 und die
Beschäftigung damit sei zur „süßen Gewohnheit“ geworden.9 Und selbst da, wo Schwächen so
deutlich erkennbar werden, dass sie nicht unerwähnt bleiben können, preist man dies als einen
Vorteil an: So wurde die „große Lückenhaftigkeit“ des ABGB als einer seiner Vorzüge präsentiert,
weil die Lücken in einer „dem Rechtsbewusstsein der Gegenwart entsprechenden Weise“ ausge-
füllt werden könnten und so „das Recht vor Erstarrung“ bewahrt werde; die Rechtsordnung blei-
2 P. Bydlinski, ÖJZ 2015, 869 (im Untertitel), wonach das Projekt eine „(vor allem) sprachliche Neufassung“ des
ABGB verfolgt.
3 P. Bydlinski, ÖJZ 2015, 870.
4 Der interessierte Leser sei auf Pkt 147 der Legistischen Richtlinien des vom Bundeskanzleramt im Jahr 1990
herausgegebenen Handbuchs der Rechtssetzungstechnik hingewiesen: Danach ist „bis“ auszuschreiben und
nicht durch einen Bindestrich auszudrücken.
5 Womöglich wäre es sogar angebracht, nicht bloß allgemeine Vorbemerkungen anzukündigen, sondern um
Verständnis dafür zu ersuchen, dass ich nicht umhin konnte, das Thema meines Beitrags gegenüber der Vorgabe
in der Einladung leicht zu modifizieren. Der Titel meines Beitrags müsste wahrscheinlich besser lauten „Allge-
meine Überlegungen zur sprachlichen Modernisierung des ABGB angestellt anhand der sachenrechtlichen Be-
stimmungen zum Eigentum“.
6 Welser, Verdienste und Stärken des ABGB, JBl 2012, 205.
7 Unger, Zur Revision des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs. Eine legislativpolitische Studie, GrünhutsZ 31
(1904) 389 = Separat-Abdruck (1904) 1.
8 Unger, GrünhutsZ 31, 389 = Separat-Abdruck 1.
9 In diesem Sinne schon Unger, GrünhutsZ 31, 403 = Separat-Abdruck 15 f.
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Austrian Law Journal
Band 2/2018
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 2/2018
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 94
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal