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Austrian Law Journal, Band 3/2017
Seite - 161 -
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ALJ 3/2017 Helmut Koziol 161 § 823 Abs 1 BGB: „Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.“ Die Normen des französischen Code civil und des österreichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB), beide fast hundert Jahre älter als das BGB, sind hingegen wesentlich allge- meiner und elastischer formuliert. Art 1382 Code civil: „Tout fait quelconque de l’homme qui cause à autrui un dommage, oblige celui par la faute duquel il est arrivé, à le réparer.“ Ganz ähnlich § 1295 Abs 1 ABGB, der lediglich nicht von der Verpflichtung des Schädigers son- dern von der Berechtigung des Geschädigten ausgeht: „Jedermann ist berechtigt, von dem Beschä- diger den Ersatz des Schadens, welchen dieser ihm aus Verschulden zugefügt hat, zu fordern [...].“ § 420 des tschechischen Zivilgesetzbuchs ist durchaus vergleichbar formuliert, wenn er bestimmt: „Jedermann haftet für den Schaden, den er durch die Verletzung seiner Rechtspflichten verursachte.“ Auch § 6:519 des ungarischen bürgerlichen Gesetzbuchs ist ähnlich weit gefasst:3 „Wer einem anderen rechtswidrig einen Schaden verursacht hat, muss diesen erstatten.“ Ebenso gleicht das russi- sche Recht eher dem französischen und dem österreichischen Vorbild und nicht dem deutschen BGB, wenn es in Art 1064 Abs 1 Zivilgesetzbuch festhält, dass der einer Person oder ihrem Eigen- tum zugefügte Schaden vom Schädiger in vollem Umfang zu ersetzen ist. Der genauen Aufzählung der umfassend geschützten Güter in § 823 Abs 1 BGB kommt zwar ohne Zweifel größere Aussagekraft zu als den sehr allgemein gehaltenen Grundnormen des Art 1382 Code civil, des § 1295 Abs 1 ABGB und der ihnen ähnlichen Normen. Aber der deutsche Gesetz- geber hat damit viel mehr Einzelheiten geregelt, sodass sich Fehlentscheidungen wegen der Starrheit der Bestimmungen auch spürbarer auswirken und gesetzliche Regelungen auch eher durch den gesellschaftlichen, technischen oder wirtschaftlichen Wandel fehlerhaft werden, wäh- rend die unbestimmte Weite des Code civil und des ABGB den Gerichten großzügige Manövrier- freiheit bei der Fortentwicklung einräumt. Die Regelung des BGB erweckt aber jedenfalls auf den ersten Blick den Eindruck, dass der vom Misstrauen gegenüber den Gerichten geprägte deutsche Gesetzgeber4 immerhin sein Ziel, durch detaillierte, starre Regeln möglichst weitgehend die Bewegungsfreiheit der Gerichte einzuschrän- ken, erreicht hat. Demgegenüber ist jedoch bei näherer Betrachtung festzustellen, dass die deut- sche Bevorzugung strikter Regeln keineswegs die angestrebte Rechtssicherheit gebracht hat; ganz im Gegenteil. Das lässt sich gut am Beispiel der reinen Vermögensinteressen veranschaulichen: § 823 Abs 1 BGB schützt nach herrschendem Verständnis nur die aufgezählten und die sonstigen absoluten Rechte und jedenfalls nicht reine Vermögensinteressen. Deren Verletzung kann daher nur dann zu Schadenersatzansprüchen führen, wenn ein Schutzgesetz besteht (§ 823 Abs 2 BGB) oder die Verletzung vorsätzlich sittenwidrig (§ 826 BGB) erfolgt. Diese Einschränkung des Schutzes reiner Vermögensinteressen letztlich auf Fälle vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung und Schutzge- setzverletzungen wird als folgenschwerer Fehler angesehen5 und auf den verschiedensten, me- thodisch höchst problematischen Wegen versucht, diese Entscheidung des Gesetzgebers zu um- 3 Übersetzung der Wolters Kluwer Jogtár Online. 4 Gmür, Das schweizerische Zivilgesetzbuch verglichen mit dem Deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch (1965) 30. 5 Wagner in Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg (Hrsg), Münchener Kommentar zum BGB V7 (2017) § 823 Rz 372.
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Austrian Law Journal Band 3/2017
Titel
Austrian Law Journal
Band
3/2017
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
66
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
Zeitschriften Austrian Law Journal
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