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Austrian Law Journal, Band 3/2017
Seite - 170 -
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ALJ 3/2017 Das bewegliche System 170 Gleichbehandlung der Rechtsadressaten; dem Gerechtigkeitspostulat können demnach Normen nur entsprechen, wenn nach ihnen wesentlich Gleiches gleich und im Wesentlichen Ungleiches ungleich behandelt wird. Dieses Ziel ist allerdings nur erreichbar, wenn die Normen so klar ge- fasst sind, dass eine gleichmäßige Anwendung gewährleistet ist. Damit ist aber auch das Postulat der Rechtssicherheit angesprochen, sodass die enge Verwobenheit von Gerechtigkeit und Rechtssicherheit erkennbar wird. Andererseits ist aber auch offenkundig, dass die beiden Postu- late miteinander in Konflikt geraten können: Einzelfälle können umso gerechter entschieden werden, je feiner die Differenzierung der Tatbestände durchgeführt wird und umso mehr dadurch auf Unterscheidungen eingegangen werden kann; der Rechtssicherheit dienen jedoch eher klare, undifferenzierte Regeln, die leicht nachvollziehbar und anwendbar sind. Soweit als möglich sollten selbstverständlich beide Postulate voll erfüllt werden; ist dies nicht erreichbar, so kommt es darauf an, ob die zu regelnde Materie ein besonders hohes Maß an Rechtssicherheit erfordert oder ob die Einzelfallgerechtigkeit im Vordergrund steht. Es könnte daher folgender komparativer Satz gelten: Je gewichtiger die Rechtssicherheit für die zu regelnde Materie ist, je klarer die erforderlichen Differenzierungen umschrieben werden können und je geringer der Differenzierungsbedarf ist, desto fester ist die Norm zu formulieren; je weniger starr die Norm wegen der Vielschichtigkeit und der Vielfältigkeit der Materie gefasst werden kann, desto mehr sind die für die Einzelfallentscheidung relevanten Kriterien, deren Gewicht und Zusammenspiel anzugeben. Noch ein Nachsatz: Es liegt auf der Hand, dass das bewegliche System nicht nur für die Ausgestal- tung der nationalen Rechte sondern ganz besonders für die Rechtsvereinheitlichung besondere Vorzüge aufweist: Es ist geeignet, zwei gegenläufige Forderungen in möglichst weitgehendem Maße zu erfüllen, nämlich einerseits nicht bloß höchst konkretisierungsbedürftige Generalklau- seln aufzustellen, andererseits aber starre Regelungen zu vermeiden, weil diese der Vielfalt von Einzelfällen nicht gerecht werden können und überdies jeder Anpassung an geänderte Verhält- nisse entgegenstehen.44 Durch die Angabe der vom Richter zu berücksichtigenden maßgebenden Faktoren wird die Freiheit des Richters entscheidend eingeschränkt und seine Entscheidung vor- hersehbar, andererseits wird eine gelenkte Berücksichtigung der Vielfalt der Lebenssachverhalte ermöglicht. Das bewegliche System ist überdies in hohem Maße geeignet, Regelungen zu entwi- ckeln, in denen die in den unterschiedlichen Rechtsordnungen für maßgeblich gehaltenen Fakto- ren – deren Bedeutung auch von den Angehörigen anderer Rechtsordnungen anerkannt wird – aufgenommen werden, sodass deren künftige Beachtung und damit der Gleichklang in den ver- schiedenen Ländern abgesichert wird.45 44 Dazu Koziol, Das niederländische BW und der Schweizer Entwurf als Vorbilder für ein künftiges europäisches Schadensersatzrecht, ZEuP 1996, 587. 45 Zu all dem siehe ausführlicher Koziol, Rechtswidrigkeit, bewegliches System und Rechtsangleichung, JBl 1998, 619; Koziol, Diskussionsbeitrag: Rechtsvereinheitlichung und Bewegliches System, in Schilcher/Koller/Funk (Hrsg), Regeln, Prinzipien und Elemente im System des Rechts (2000) 311.
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Austrian Law Journal Band 3/2017
Titel
Austrian Law Journal
Band
3/2017
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
66
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
Zeitschriften Austrian Law Journal
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