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Austrian Law Journal, Band 3/2017
Seite - 175 -
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ALJ 3/2017 Helmut Koziol 175 Deshalb hat sich der österreichische Diskussionsentwurf an diese Formulierung angelehnt und versucht, sie noch etwas weiter zu entwickeln. Ich ziehe im Folgenden daher diesen heran. Des- sen § 1296 Abs 1 lautet: „Im Allgemeinen ist die Sorgfalt aufzuwenden, die von einer vernünftigen, die Interessen anderer achtenden Person unter den gegebenen Umständen zu erwarten ist. Dabei sind Rang und Wert der gefährdeten und der verfolgten Interessen, die Gefährlichkeit der Situation, das Naheverhältnis zwischen den Beteiligten, die Möglichkeit einer Gefahrenvermeidung sowie die damit verbundenen Kosten und Mühen maßgebend.“ Sowohl Art 4:102 (1) PETL als auch § 1296 Abs 1 des österreichischen Diskussionsentwurfs begin- nen mit dem vage erscheinenden Hinweis auf eine „vernünftige Person“ als Maßstabfigur. Damit wird aber immerhin klargestellt, dass weder der Täter selbst als Maßstab dienen kann, noch eine Durchschnittsperson. Durchaus bedeutsam ist ferner, dass von den „gegebenen Umständen“ auszugehen ist, also die konkreten Verhältnisse eine Rolle spielen, und dass es – wie der österrei- chische Entwurf betont – um Personen geht, die nicht nur ihre Eigeninteressen verfolgen, son- dern auch die Interessen anderer bedenken. Die beiden Entwürfe bleiben aber nicht bei diesen recht allgemeinen Umschreibungen stehen, sondern bemühen sich um aussagekräftige Wegweiser, indem sie die maßgebenden Faktoren für die Bestimmung der Sorgfaltswidrigkeit angegeben. Die Aufzählung beruht auf rechtsverglei- chenden Untersuchungen der European Group on Tort Law, wobei insb das englische Recht eine wertvolle Auskunftsquelle war. Die Sorgfaltsanforderungen an jene, die fremde Interessen gefährden, sind einerseits umso strenger anzusetzen, je höher der Rang und Wert der gefährdeten Güter einzustufen ist; gegen- über den klassischen Persönlichkeitsgütern, wie insb Leben, Gesundheit und Freiheit, ist ein hö- heres Maß an Sorgfalt angemessen als gegenüber Sachen oder gar reinen Vermögensinteressen. Die Erwähnung des Wertes der Güter macht deutlich, dass es innerhalb der einzelnen Rangstufen um unterschiedlich hohe Interessen gehen kann, etwa an einem Taschenbuch oder an einem Großraumflugzeug. Aber auch die Gefährlichkeit der Situation, also der Grad der Wahrscheinlich- keit und die Schwere einer Verletzung spielen eine entscheidende Rolle. Andererseits fällt der Wert der mit der gefährdenden Handlung verfolgten Interessen ins Gewicht. Je höher dieser anzusetzen ist, desto weniger erscheint eine gravierende Begrenzung der Bewegungsfreiheit durch strenge Sorgfaltsanforderungen gegenüber anderen sachgerecht. Von besonderer Bedeu- tung ist ferner die Nahebeziehung zwischen den Beteiligten. Schließlich spielen – wie schon bis- her insb bei der Festlegung von Verkehrssicherungspflichten anerkannt – auch die Kosten und Mühen der Schadensvermeidung eine maßgebende Rolle bei der Beurteilung der Zumutbarkeit einer bestimmten Verhaltensweise. Nicht angesprochen werden hier die Rechtfertigungsgründe, da diese üblicherweise wegen ihrer besonderen Bedeutung selbständig behandelt werden und ihnen daher auch im österreichischen Diskussionsentwurf eine eigene Bestimmung gewidmet ist, nämlich § 1299. Zu betonen bleibt noch, dass es bei der Feststellung der Sorgfaltspflichten von ganz erheblicher Bedeutung ist, ob lediglich ein Element oder mehrere Elemente auf einer oder der anderen Seite in die Waagschale fallen. Ferner ist das Gewicht der Elemente zu berücksichtigen und auf deren Zusammenspiel zu achten.
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Austrian Law Journal Band 3/2017
Titel
Austrian Law Journal
Band
3/2017
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
66
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
Zeitschriften Austrian Law Journal
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