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Austrian Law Journal, Band 3/2017
Seite - 180 -
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ALJ 3/2017 Das bewegliche System 180 Das hat zunĂ€chst die wenig erfreuliche Konsequenz, dass Ärzte trotz eindeutigen Fehlverhaltens stets von jeglicher Haftung frei sind, wenn die GeschĂ€digten den schwierigen KausalitĂ€tsbeweis nicht erbringen können. Das wĂ€re zwar dadurch vermeidbar, dass die Beweislast bezĂŒglich der Verursachung umgekehrt wird, wie dies etwa fĂŒr das deutsche Recht bei grobem Verschulden des Arztes vertreten wird  . Mit dieser Lösung kann jedoch der Haupteinwand nicht ausgerĂ€umt wer- den: Hans Stoll66 hat schon darauf hingewiesen, dass das Alles-oder-nichts-Prinzip dazu fĂŒhrt, dass bei geringfĂŒgigen Unterschieden in der Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhanges, die fĂŒr das Gelingen des Beweises jedoch ausschlaggebend sein können, ganz kontrĂ€re Ergebnisse erzielt werden, nĂ€mlich volle Haftung oder gĂ€nzliche Haftungsfreiheit. Durch die Umkehr der Beweislast werde nun bloß erreicht, dass im Zweifel den SchĂ€diger die Haftung trifft; an dem abrupten Umkippen von völliger Haftungsfreiheit zu umfassender Haftung Ă€ndere sich jedoch nichts. Es sprechen jedoch nicht nur die unerfreulichen Konsequenzen einer Alles-oder-Nichts-Lösung, sondern auch gewichtige dogmatische GrĂŒnde fĂŒr die von F. Bydlinski vorgeschlagene Teilhaf- tung: Seine Lösung beruht auf dem Gedanken, dass in den FĂ€llen alternativer KausalitĂ€t das Ele- ment der Verursachung nur in schwacher AusprĂ€gung vorhanden ist, nĂ€mlich als bloße potenzielle Verursachung. Entsprechend der Lehre vom beweglichen System und der BerĂŒcksichtigung der Basiswertung mĂŒssen wegen der SchwĂ€che dieses Haftungselements zum Ausgleich andere Elemente in höherem Maß vorhanden sein, damit das erforderliche Gesamtgewicht aller Haf- tungselemente erreicht wird. Deshalb betont F. Bydlinski, dass die Teilhaftung des alternativen TĂ€ters nur dann eingreift, wenn sein Verhalten in höchstem Maße konkret gefĂ€hrlich war. Anders ausgedrĂŒckt: Wegen der SchwĂ€che des Elements der Verursachung erfordert die BegrĂŒndung der Haftung, dass die AdĂ€quanz des Fehlverhaltens in höchstem Maße vorhanden ist. Ferner: Die in Österreich allgemein anerkannte Lösung der Solidarhaftung alternativ kausaler TĂ€ter beruht auf der bloß potenziellen UrsĂ€chlichkeit der Haftenden. Wenn in diesen FĂ€llen die potenzielle KausalitĂ€t als Haftungsgrund genĂŒgt, so muss bei zureichender Wertungskonsequenz Gleiches gelten, wenn bloß ein verantwortlicher TĂ€ter möglicherweise den Schaden verursachte und der GeschĂ€digte das Risiko der anderen potenziellen Ursache zu tragen hat. Haben der poten- zielle SchĂ€diger und der GeschĂ€digte gemeinsam die Schadensfolgen zu tragen, so bedeutet dies – wie in den FĂ€llen der Mitverantwortung (§ 1304 ABGB, § 254 BGB) –, dass der potenzielle SchĂ€diger Teilersatz zu leisten hat. Der österreichische OGH sah die kritischen Stimmen zu Recht als nicht ĂŒberzeugend an und folgte der Teilhaftungsthese F. Bydlinskis; er begrĂŒndete dies ausfĂŒhrlich in seiner Entscheidung aus dem Jahre 1995.67 In dem zu beurteilenden Fall war der Geburtsschaden des KlĂ€gers entweder auf einen Behandlungsfehler oder auf eine Krankheit der Mutter zurĂŒckzufĂŒhren; es bestand keine Möglichkeit festzustellen, welcher der beiden UmstĂ€nde ursĂ€chlich war. Der OGH betonte, dass nur die Lehre F. Bydlinskis eine dem Gerechtigkeitsgebot entsprechende Problemlösung gewĂ€hr- leiste, weil sonst bei alternativer Konkurrenz zwischen einer schuldhaften Handlung und einem Zufall nur unverstĂ€ndliche und unbillige Extremlösungen denkbar wĂ€ren: „  Man könnte sonst nur entweder die Meinung vertreten, dass der GeschĂ€digte mangels eindeutiger Feststellbarkeit, welches 66 Stoll, Schadensersatz fĂŒr verlorene Heilungschancen vor englischen Gerichten in rechtsvergleichender Sicht, FS Steffen (1995) 465 (466). 67 OGH 4 Ob 554/95 in JBl 1996, 181.
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Austrian Law Journal Band 3/2017
Titel
Austrian Law Journal
Band
3/2017
Autor
Karl-Franzens-UniversitÀt Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
66
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
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