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Austrian Law Journal, Band 3/2017
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ALJ 3/2017 Bitcoin-Miner als Prosumer: Eine Frage staatlicher Regulierung? 202 b. Das „Spiel“ und der „Zufall“ Dem GSpG unterliegen nur Spiele. Fraglich ist daher, was als Spiel zu qualifizieren ist. Der Begriff des Spiels wird im GSpG nicht näher definiert. Dass er mit jenem des ABGB107 übereinstimmen muss – wie die Mat zur Stammfassung108 des GSpG suggerieren109 – hat der VwGH dezidiert ab- gelehnt.110 Die zivilrechtliche Einordnung eines Vertrages hat somit keine Bedeutung für dessen Qualifikation als Glücksspiel iSd GSpG. Dem Begriff des Spiels dürfte im GSpG daher nur insoweit eine eigenständige Bedeutung zukommen, als es begrifflich der Abgrenzung zur gewerblichen Tätigkeit dient. Wesentliches Merkmal der Aktivitäten, die dem GSpG unterliegen, ist die überwie- gende Abhängigkeit des Ergebnisses vom Zufall. Ausschließliche oder vorwiegende Abhängigkeit vom Zufall gem § 1 Abs 1 GSpG liegt nach der Rechtsprechung111 dann vor, wenn der Gewinn bzw der Verlust von Bedingungen abhängt, die von den SpielteilnehmerInnen nicht durch „zielbewusstes Handeln, Geschicklichkeit oder Belieben“112 beeinflusst werden können. Wesentlich ist, dass der Erfolg an Bedingungen knüpft, die außerhalb des Willens der beteiligten Personen liegen.113 Zufallsabhängigkeit ist gegeben, wenn sich über das Spielergebnis keine „berechtigte rationale Erwartung entwickeln“ kann und „nur aufgrund eines Hoffens oder einer irrationalen Einstellung“ auf den Gewinn gesetzt wird.114 Die durch das Spielverhalten ausgelöste Kausalität für das Spielergebnis „vollzieht sich unabhängig vom gewinnorientierten rationalen Wollen der am Glücksspiel rechtlich Beteiligten“.115 Kann die „abs- trakte Steuerbarkeit kausaler Gegebenheiten hingegen rationale Gewinnerwartungen begründen“,116 liegt kein Glücksspiel vor. Können Spielende beeinflussen, ob der Spielausgang überwiegend durch Zufall oder Geschicklichkeit entschieden wird, liegt kein Glücksspiel vor.117 Dabei ist auf die durchschnittlichen Fähigkeiten der SpielteilnehmerInnen abzustellen.118 Für die Beurteilung der vorwiegenden Abhängigkeit vom Zufall kommt es nach der Rechtspre- chung des VwGH nicht auf abstrakte Regeln, sondern auf die konkreten Modalitäten und Rah- 107 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch für die gesamten deutschen Erbländer der Oesterreichischen Monarchie (Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch – ABGB) JGS 1811/946 idF BGBl I 2017/59. 108 ErläutRV 1067 BlgNR 17. GP 16. 109 So auch Kirchbacher in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 168 Rz 2, 3. 110 VwGH 25. 9. 2012, 2011/17/0296. In diesem Sinn hat auch der OGH in seiner Entscheidung v 25. 10. 2011, 9 Ob 89/10v festgehalten, dass das ABGB für die Einordnung eines Vertrages als Glücksvertrag einen anderen Telos verfolgt als das GSpG, sodass „die ‚Wertungen‘ des Glücksspielgesetzes (...)“ für das ABGB nicht ausschlaggebend sind. Dasselbe muss dann auch umgekehrt gelten: Die Wertungen des ABGB, die dem Glücksvertrag zugrunde liegen (nämlich im Ergebnis die Unklagbarkeit nach § 1271 ABGB) sind für das GSpG irrelevant. Wie nämlich be- reits der OGH festgehalten hat, ist das GSpG vor allem von ordnungs- und finanzpolitischen Zielen geprägt. 111 VwGH 18. 12. 1995, 95/16/0047, der sich in seiner Entscheidung insb auf die Judikatur des OGH zum Tatbestand des glücksspielartigen Vertriebs gem § 28 UWG (Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 – UWG BGBl 1984/448 idF BGBl I 2016/99) bezieht (siehe OGH 10. 7. 1990, 4 Ob 60/90). 112 Unter Geschicklichkeit sind etwa Kraft, Berechnung, Kombinationsgabe, Routine, Beobachtungsgabe, Merkfähigkeit, Konzentration oder Fingerfertigkeit zu verstehen (Burgstaller, Grundfragen des Glücksspielstrafrechts, RZ 2004, 214; Schwartz/Wohlfahrt, GSpG2 § 1 Rz 17; Kohl, Glücksspielmonopol 26 f). 113 VwGH 4. 1. 2017, Ra 2015/17/0145; 2. 7. 2015, Ro 2015/16/0019; 18. 12. 1995, 95/16/0047. 114 VwGH 4. 1. 2017, Ra 2015/17/0145; 2. 7. 2015, Ro 2015/16/0019; siehe Bresich/Klingenbrunner/Posch in Strejcek/ Bresich, GSpG2 § 1 Rz 5; Höpfel, Probleme des Glücksspielstrafrechts, ÖJZ 1978, 421; Burgstaller, RZ 2004, 214 mwN. 115 Winkler, Poker und Pokerspielsalons (2011) 67. 116 Kirchbacher in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 168 Rz 4 mit Verweis auf Höpfel, ÖJZ 1978, 421. 117 VwGH 4. 1. 2017, Ra 2015/17/0145 mit Verweis auf Höpfel, ÖJZ 1978, 424. 118 Bresich/Klingenbrunner/Posch in Strejcek/Bresich, GSpG2 § 1 Rz 6.
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Austrian Law Journal Band 3/2017
Titel
Austrian Law Journal
Band
3/2017
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
66
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
Zeitschriften Austrian Law Journal
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