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Austrian Law Journal, Band 3/2017
Seite - 217 -
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ALJ 3/2017 Ehrke-Rabel/Eisenberger/Hödl/Zechner 217 als Vertreterin mit Wirkung für die Gesamtheit bestellen. Hievon hat die Behörde die übrigen Personen, die Wohnsitz, Sitz oder Geschäftsleitung im Inland haben, zu verständigen (§ 81 Abs 2 letzter Satz BAO). Betreffend das Bitcoin-Netzwerk dürften diese Bestimmungen an die Grenzen ihrer Vollziehbar- keit stoßen: Im gesamten „Wirtschaftsmodell“ Bitcoin ist – und das ist eines der bestimmenden Merkmale der offenen Blockchain-Technologie – als „echtem“ Peer to Peer-Netzwerk ein(e) Ver- treterIn des Netzwerks nicht vorgesehen: Die Mitglieder sollen gemeinschaftlich und gemeinsam entscheiden und gemeinschaftlich und gemeinsam handeln. Bedenkt man zusätzlich, dass das Bitcoin-Netzwerk aus einer Vielzahl von Mitgliedern besteht, die weltweit verstreut an dem Netz- werk teilhaben und, dass diese Mitglieder mit ihren Klarnamen nicht identifizierbar sind, weil sie immer mit Pseudonymen auftreten,223 wird erkennbar, dass die Auswahl eines/-er Vertreters/-in durch die Finanzverwaltung mit großer Wahrscheinlichkeit vom Zufall abhinge. Die österreichische Finanzverwaltung könnte also wahrscheinlich den einen oder anderen Miner identifizieren und könnte ihn nach § 81 Abs 2 BAO zum/zur abgabenrechtlichen VertreterIn des gesamten Bitcoin-Netzwerks ernennen.224 Die Verpflichtung zur Verständigung aller anderen Miner könnte sie wahrscheinlich nur schwer erfüllen. Und der identifizierte zum/zur VertreterIn ernannte Miner könnte dabei gar nicht behilflich sein. Andere Miner kennt er vielleicht persönlich mit Klarnamen, weil sie seine Freunde sind oder sich mit ihm in einem sog „Blockchain-Hub“ engagieren, aber die Mehrzahl seiner MitgesellschafterInnen wird und kann er nicht kennen. Dieser einzelne Miner könnte auch seine aus dem GSpG entspringenden abgabenrechtlichen Pflichten nicht erfüllen: Er könnte zwar dank distribuierten Kontenbuches225 feststellen, wie viele Bitcoin im jeweiligen Voranmeldungszeitraum generiert worden sind und damit den ausbezahl- ten Gewinn identifizieren. Dies wäre der weltweit ausbezahlte Gewinn. Dem einzelnen Miner ist es aber unmöglich festzustellen, welcher Anteil an diesem Gewinn auf die Teilnahme an dem Bitcoin-Mining vom (österreichischen) Inland aus zurückzuführen ist. Bemessungsgrundlage der Glücksspielabgabe sind nicht die ausbezahlten Gewinne, sondern die Jahresbruttospieleinnah- men (§ 57 Abs 2 GSpG). Diese ergeben sich aus den Einsätzen abzüglich der ausgezahlten Gewin- ne eines Kalenderjahres (§ 57 Abs 5 GSpG). Abgesehen von der Unmöglichkeit zu ermitteln, welcher Anteil am Gesamtgewinn auf die Teil- nahme vom Inland aus entfällt,226 ist es ebenfalls unmöglich, die Summe der Spieleinsätze zu bestimmen. Dies liegt einerseits an dem Umstand, dass wiederum die Teilnahme vom Inland aus, angesichts der Verschlüsselung der Identitäten, noch schwieriger ist als beim klassischen Online- Glücksspiel und andererseits daran, dass der Einsatz der einzelnen Miner mangels im Vorhinein fest vorherbestimmter Größen von außen unmöglich in Geldwerten auszudrücken ist. Nun hätte das Bitcoin-Netzwerk insofern einen theoretischen Vorteil, als der Miner gleichzeitig SpielerIn und GesellschafterIn des/der Glücksspielanbieters/-in ist. Theoretisch wäre es also denkbar, die Miner 223 Siehe zur Pseudonymisierung in Blockchain-Netzwerken Ehrke-Rabel/Hödl in Jahnel 231 (253). 224 Zur Frage der technischen und faktischen Identifizierbarkeit von Personen in Blockchain-basierten Netzwerken siehe Ehrke-Rabel/Hödl in Jahnel 258 (259). 225 Die Blockchain, die Bitcoin zugrunde liegt, ist distribuiert, weil weder eine zentrale Instanz noch eine zentrale Kontrolle erforderlich sind. Im Unterschied dazu gibt es in dezentralen Strukturen Leitungs- und Kontrolleinhei- ten (E-Bay wäre etwa eine dezentrale Struktur. Sie ist aber nicht distribuiert; siehe auch Leloup, Blockchain 123 ff; Tapscott/Tapscott, Blockchain Revolution 33 f). 226 Dass dies im Fall des Bitcoin-Mining noch schwieriger ist als beim klassischen Online-Glücksspiel, bei dem die Schwierigkeiten bereits groß sind, sei hier nur erwähnt, aber nicht weiter vertieft.
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Austrian Law Journal Band 3/2017
Titel
Austrian Law Journal
Band
3/2017
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
66
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
Zeitschriften Austrian Law Journal
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