Seite - 219 - in Austrian Law Journal, Band 3/2017
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ALJ 3/2017 Ehrke-Rabel/Eisenberger/Hödl/Zechner 219
nahme an verbotenen Glücksspielen (§ 52 GSpG, § 168 Abs 1 StGB;228 Anbieten des Glücks-
spiels),229 die gewerbsmäßige Teilnahme am verbotenen Glücksspiel (§ 168 Abs 2 StGB; Berufs-
spiel) sowie die vorsätzliche oder grob fahrlässige Verkürzung der Glücksspielabgabe iSd § 47 Abs 2
GSpG (§§ 33 und 34 FinStrG).230
Eine Verwaltungsübertretung gem § 52 Abs 1 Z 1 GSpG begeht, „wer zur Teilnahme vom Inland aus
verbotene Ausspielungen […] veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder
sich als Unternehmer […] daran beteiligt“ und ist mit einer Geldstrafe bis zu 60.000 € zu bestrafen.
Die GesbR – das Bitcoin-Netzwerk, das das Glücksspiel veranstaltet – kommt aufgrund ihrer feh-
lenden Rechtspersönlichkeit als Adressatin einer Verwaltungsstrafe nicht in Betracht. Wie zuvor
für den Bereich des Abgabenrechts dargelegt, wäre ein direkter Zugriff auf die GesellschafterIn-
nen, also alle NetzwerkteilnehmerInnen, naheliegend. Da Geldstrafen in die Eigentumsfreiheit
gem Art 5 StGG,231 Art 1 1. ZP EMRK232 und Art 17 GRC233 eingreifen,234 bedürfte ein grundrechts-
konformer Durchgriff auf die GesellschafterInnen einer GesbR jedenfalls einer ausdrücklichen
Rechtsgrundlage,235 die uE im GSpG nicht vorhanden ist.
Auch wenn demnach eine Bestrafung der GesbR und ihrer GesellschafterInnen für die Veranstal-
tung des Glücksspiels nicht in Frage kommt, bleibt der Auffangtatbestand des § 52 Abs 1 Z 1 Fall 4
GSpG, wonach zu bestrafen ist, wer sich an verbotenen Ausspielungen als UnternehmerIn betei-
ligt. Sofern sich Miner selbstständig, nachhaltig und auf die Erzielung von Einnahmen ausgerich-
tet am Glücksspiel beteiligen,236 ist das Schürfen von Bitcoin als eine unternehmerische Beteili-
gung iSd § 52 Abs 1 Z 1 Fall 4 GSpG zu werten.237 Denkbar wäre auch, dass das Mining eine Bei-
228 Bundesgesetz v 23. 1. 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB)
BGBl 1974/60 idF BGBl I 2017/117.
229 Zur Abgrenzung siehe Wessely, § 168 StGB – eine inhaltsleere Bestimmung? in Mitgutsch/Wessely (Hrsg), Jahrbuch
Strafrecht Besonderer Teil (2015) 47. Siehe darüber hinaus zu § 168 Abs 1 StGB OGH 3. 10. 2002, 12 Os 49/02; 13. 3.
1996, 5 Ob 506/96; 13. 3. 1996, 5 Ob 506/96; 12. 3. 1991, 14 Os 140/90; 15. 3. 1983, 10 Os 25/83. Zu § 52 Abs 1
GSpG siehe VfSlg 19.960/2015 sowie VwGH 26. 4. 2017, Ra 2016/17/0273; 24. 10. 2016, Ro 2016/17/0002; 26. 4.
2016, Ra 2015/09/0072; 30. 3. 2016, Ra 2015/09/0077; 16. 3. 2016, Ro 2015/17/0022; 30. 6. 2015, Ro 2015/17/0012;
24. 6. 2015, Ro 2015/09/0006; 24. 4. 2015, 2013/17/0400; 26. 3. 2015, Ra 2014/17/0033; 3. 3. 2015, Ra 2014/17/0028;
28. 5. 2013, 2012/17/0195; 20. 3. 2000, 95/17/0418; 21. 4. 1997, 96/17/0488.
230 Bundesgesetz v 26. 6. 1958, betreffend das Finanzstrafrecht und das Finanzstrafverfahrensrecht (Finanzstrafge-
setz – FinStrG) BGBl 1958/129 idF BGBl I 2016/77.
231 Staatsgrundgesetz v 21. 12. 1867, über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger für die im Reichsrathe vertrete-
nen Königreiche und Länder (Staatsgrundgesetz – StGG) StGBl 1920/303 idF BGBl 1988/684.
232 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention –
EMRK) BGBl 1958/210 idF BGBl III 2010/47.
233 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl C 2010/83, 2.
234 ZB VfSlg 12.967/1992.
235 Darüber hinaus sieht § 52 Abs 1 Z 6 GSpG vor, dass mit bis zu 22.000 EUR zu bestrafen ist, „wer die Teilnahme an
verbotenen Ausspielungen […] – insbesondere durch die Vermittlung der Spielteilnahme, das Bereithalten von anderen
Eingriffsgegenständen als Glücksspielautomaten oder die unternehmerische Schaltung von Internet-Links – fördert oder
ermöglicht“. Hier wäre zu überlegen, ob beispielsweise Provider, Walletbetreiber oder Mining Pools auf Grundla-
ge dieser Bestimmungen strafbar sein könnten.
236 Dies ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn der einzelne Miner aufgrund einer Vergütung von dritter Seite gewerb-
lich tätig wird. Ob bereits seine Mitunternehmerstellung eine unternehmerische Beteiligung iSd Strafbestim-
mung begründet, soll hier offengelassen werden. Der Gesetzgeber dürfte diese Konstellation nicht vor Augen
gehabt haben. Sie ist aber ein weiteres Beispiel dafür, dass das Recht mit der Figur des Prosumers noch nicht
umfassend zurechtkommt.
237 Für diese Argumentation spricht jedenfalls die VwGH-Judikatur, wonach es bei der Verwirklichung des Tatbe-
standes der unternehmerischen Beteiligung „weder einer unmittelbaren Rechtsbeziehung zwischen den Spielern und
dem an den Ausspielungen Beteiligten […] noch einer sonstigen ‚Ausübungshandlung‘ bei der konkreten Durchführung
der einzelnen Ausspielung des […] zur Verantwortung gezogenen Beteiligten“ bedarf (VwGH 24. 4. 2015, 2013/17/0400).
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Austrian Law Journal
Band 3/2017
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 3/2017
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 66
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal