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ALJ 3/2017 Bitcoin-Miner als Prosumer: Eine Frage staatlicher Regulierung? 220
tragshandlung zur Verwirklichung des Tatbestandes der Veranstaltung oder Organisation des
Glücksspiels darstellt.238
Fraglich bleibt jedoch, ob der jeweilige Miner auch tatsächlich zu bestrafen wäre. Für die Straf-
barkeit nach dem GSpG genügt Fahrlässigkeit.239 Unterliegt der Täter allerdings einem Irrtum
hinsichtlich des Charakters des Glücksspiels und ist ihm dieser Irrtum auch nicht vorwerfbar,240
wäre der Miner nicht zu bestrafen.241
Flankierend zu den eben dargelegten Geldstrafen normiert das GSpG in § 52 Abs 4 GSpG als
weitere Strafe, dass „Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung […] durchgeführt oder
auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, […]“ verfallen. Als Siche-
rungsmaßnahme,242 zur Vorbeugung weiterer Straftaten, sieht § 54 Abs 1 GSpG vor, dass „Gegen-
stände, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird“ der Einzie-
hung unterliegen. Die Behörde kann gem § 53 Abs 1 GSpG zB eine ausschließlich zum Bitcoin-
Schürfen einsetzbare Spezialhardware (etwa einen AntMiner S9)243 beschlagnahmen und gem § 52
Abs 4 GSpG für verfallen erklären, sofern er nicht nach § 54 Abs 1 GSpG einzuziehen wäre (§ 52
Abs 4 GSpG).244
Zusätzlich ist gem § 168 Abs 1 StGB mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe zu bestrafen, „[w]er ein
Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das aus-
drücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zu-
sammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen
einen Vermögensvorteil zuzuwenden“. Gem § 52 Abs 3 GSpG ist allerdings bei einer Verwirklichung
sowohl der verwaltungs- als auch der justizstrafrechtlichen Tatbestände nur nach der Verwal-
tungsstrafbestimmung und nicht nach § 168 StGB zu bestrafen.245 Der einzelne Bitcoin-Miner ist
daher verwaltungsstrafrechtlich und nicht justizstrafrechtlich zu belangen.
Schließlich ist noch § 168 Abs 2 StGB zu erwähnen, wonach mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe zu
bestrafen ist, „[w]er sich gewerbsmäßig an einem solchen Spiel beteiligt“. Da es sich beim Bitcoin-
Mining um eine Ausspielung handelt, ist – sofern Gewerbsmäßigkeit gem § 70 StGB246 vorliegt –
das nach § 168 Abs 2 StGB strafbare Berufsspielen jedenfalls unter die unternehmerische Beteili-
238 Zur Differenzierung der einzelnen Tatbestände siehe Wessely in Mitgutsch/Wessely 47 f.
239 Wessely in Mitgutsch/Wessely 49.
240 Wessely in Mitgutsch/Wessely 49.
241 Das hier Erörterte wirft freilich die Frage auf, wer neben den Minern als am verbotenen Glücksspiel unternehme-
risch beteiligt anzusehen ist. Denkbar wären beispielsweise Walletbetreiber, Banken oder überhaupt jede Per-
son, die Bitcoin für ihre unternehmerische Tätigkeit nutzt.
242 ErläutRV 1067 BlgNR 17. GP 22, Anm zu § 54.
243 Ähnliche Überlegungen ließen sich auch für alle Gegenstände anstellen, die in Mining-Fabriken zum Mining
eingesetzt werden, so beispielsweise ausschließlich zum Mining installierte und einsetzbare Solaranlagen. Zu
bedenken ist aber in jedem Fall, dass der Verfall einen Eigentumseingriff darstellt und die Einziehung eine Ent-
eignung darstellt, welche stets ultima ratio sein muss (ErläutRV 1067 BlgNR 17. GP 22, Anm zu § 54).
244 Zu technischen Hilfsmitteln iZm dem Glücksspiel siehe VwGH 20. 3. 2000, 95/17/0418.
245 Eingeführt durch das Abgabenänderungsgesetz 1975 (Bundesgesetz v 12. 12. 1975, mit dem das Umsatzsteuer-
gesetz 1972 geändert wird und andere Maßnahmen auf dem Gebiete des Abgabenrechtes getroffen werden
[Abgabenänderungsgesetz 1975] BGBl 1975/636). Siehe auch ErläutRV 24 BlgNR 25. GP 22, wonach diese Be-
stimmung darauf abzielt, die Strafbestimmungen im Glücksspielrecht bei den Verwaltungsbehörden zu konzent-
rieren und die Anwendbarkeit des § 168 StGB zurückzudrängen.
246 Gem § 70 StGB handelt gewerbsmäßig, wer die Tat „in der Absicht ausführt, sich durch ihre wiederkehrende Bege-
hung längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen“ verschafft und „unter Einsatz be-
sonderer Fähigkeiten oder Mittel handelt, die eine wiederkehrende Begehung nahelegen“.
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Austrian Law Journal
Band 3/2017
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 3/2017
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 66
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal