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ALJ 3/2017 Ehrke-Rabel/Eisenberger/Hödl/Zechner 221
gung am Glücksspiel gem § 52 Abs 1 Z 1 4. Fall GSpG subsumierbar.247 Aufgrund der Subsidiari-
tätsregelung des § 52 Abs 3 GSpG ist auch das Berufsspielen demnach nur nach dem GSpG straf-
bar. Auch der gewerbsmäßig tätige Bitcoin-Miner (Berufsspieler) ist daher nicht nach dem StGB,
sondern nur nach dem GSpG zu bestrafen.
Aus abgabenrechtlicher Sicht verstößt jeder einzelne Miner als GesamtschuldnerIn iSd § 6 BAO
gegen eine abgabenrechtliche Anzeige-, Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht und bewirkt
dadurch eine Glücksspielabgabenverkürzung. Bei entsprechendem Vorsatz macht er sich daher
der vorsätzlichen Abgabenhinterziehung gem § 33 Abs 1 FinStrG schuldig. Bei grober Fahrlässig-
keit liegt eine fahrlässige Abgabenverkürzung vor (§ 34 FinStrG). Angesichts der unter Pkt IV.B.
dargestellten faktischen Unmöglichkeit für den einzelnen Miner, die richtige Abgabenschuld
überhaupt zu ermitteln und dann auch abzuführen, ist allerdings davon auszugehen, dass eine
finanzstrafrechtliche Ahndung dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot für Strafgesetze
nicht gerecht wird.248
V. Conclusio
Disruptive Technologien verändern etablierte Abläufe, Verfahrensweisen und Prozesse im gesell-
schaftlichen Zusammenleben grundlegend. Die Blockchain-Technologie zählt aus mehreren
Gründen zu den disruptiven Technologien. An erster Stelle steht der Beweggrund ihrer Entste-
hung: die Idee einer gesellschaftlichen Neuordnung durch die Minimierung staatlichen Einflusses
auf Finanztransaktionen.249 Die dafür eingesetzten Mittel sind Kryptographie, Peer-to-Peer-
Netzwerke und Selbstorganisation. Dies wurde insb im White Paper von Satoshi Nakamoto her-
vorgehoben. Transaktionen ohne sichtbare Anknüpfung an eine konkrete Person vornehmen zu
können, ermöglicht und erleichtert allerdings deliktisches Vorgehen wie den Handel mit uner-
laubten Gütern oder Geldwäsche. Die distribuierte Struktur der Blockchain-Technologie in Ver-
bindung mit ihrer Verschlüsselung zielt darauf ab, zentralisierte Strukturen zu umgehen, um sich
staatlicher Kontrolle zu entziehen.250 Dies ist insofern gelungen, als das Bitcoin-Netzwerk weltweit
unzählige Mitglieder aufweist und Bitcoin darüber hinaus seit dem Jahr 2008 als „Coins“ im all-
gemeinen Wirtschaftsleben einen eigenständigen, handelbaren Wert erlangt haben. Das bedeu-
tet weiter, dass Bitcoin kein „privates Spiel“ darstellen, dessen Durchführung als individuelle Frei-
heit eingestuft werden könnte, sondern wegen ihrer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Tragweite staatlich zu regulieren und kontrollieren sind.
Rechtlich betrachtet ist relevant, wie Bitcoin entstehen und wie ihr Einsatz im globalen Wirt-
schaftsleben zu bewerten ist. Dafür ist es notwendig, die technischen Abläufe des „Bitcoin-
Mining“ zu verstehen. Der vorliegende Beitrag nimmt jene Vorgänge in den Blick, die Bitcoin zu-
nächst entstehen lassen und weist in der Folge auf solche Vorgänge hin, bei denen Bitcoin als Zah-
lungsmittel verwendet werden (dh, die entweder als Tauschgeschäfte oder als Rechtsgeschäfte
247 Wessely in Mitgutsch/Wessely 49 f.
248 Zum Bestimmtheitsgebot Brandstetter, Das Bestimmtheitsgebot im Finanzstrafrecht, in Leitner (Hrsg), Finanz-
strafrecht 2005, 159 ff; Leitner/Brandl/Kert, Handbuch Finanzstrafrecht4 (2017).
249 Für einen Versuch zur politischen Einordnung der Blockchain siehe Huckle/White, Future Internet 2016, 49.
250 Zu den Herausforderungen, die distribuierte Systeme für das Recht darstellen, siehe Dulong de Rosnay, Peer to
party: Occupy the law v 5. 12. 2016, First Monday http://journals.uic.edu/ojs/index.php/fm/article/view/7117/5658
(abgefragt am 1. 2. 2018); speziell zu Bitcoin siehe Finn, What Algorithms Want: Imagination in the Age of Compu-
ting (2017) 151 ff (insb 160 ff).
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Austrian Law Journal
Band 3/2017
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 3/2017
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 66
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal