Seite - 71 - in Amerika
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Dachkammer mit zwei Lumpen beisammen war, in einem Wirtshaus vor New
York, und außerdem zugeben mußte, daß er hier wirklich an seinem Platze
war. Und lächelnd prüfte er die Gesichter der Eltern, als könne man aus ihnen
erkennen, ob sie noch immer das Verlangen hatten, eine Nachricht von ihrem
Sohn zu bekommen.
In diesem Anschauen merkte er bald, daß er doch sehr müde war und kaum
die Nacht werde durchmachen können. Das Bild entfiel seinen Händen, dann
legte er das Gesicht auf das Bild, dessen Kühle seiner Wange wohltat, und mit
einem angenehmen Gefühl schlief er ein.
Geweckt wurde er früh durch das Kitzeln unter der Achsel. Es war der
Franzose, der sich diese Zudringlichkeit erlaubte. Aber auch der Irländer
stand schon vor Karls Tisch und beide sahen ihn mit keinem geringeren
Interesse an, als es Karl in der Nacht ihnen gegenüber getan hatte. Karl
wunderte sich nicht darüber, daß ihn ihr Aufstehen nicht schon geweckt hatte;
sie mußten durchaus nicht aus böser Absicht besonders leise aufgetreten sein,
denn er hatte tief geschlafen und außerdem hatte ihnen das Anziehen und
offenbar auch das Waschen nicht viel Arbeit gemacht.
Nun begrüßten sie einander ordentlich und mit einer gewissen
Förmlichkeit, und Karl erfuhr, daß die beiden Maschinenschlosser waren, die
in New York schon lange Zeit keine Arbeit hatten bekommen können und
infolgedessen ziemlich heruntergekommen waren. Robinson öffnete zum
Beweise dessen seinen Rock, und man konnte sehen, daß kein Hemd da war,
was man allerdings auch schon an dem lose sitzenden Kragen hätte erkennen
können, der hinten am Rock befestigt war. Sie hatten die Absicht, in das zwei
Tagereisen von New York entfernte Städtchen Butterford zu marschieren, wo
angeblich Arbeitsstellen frei waren. Sie hatten nichts dagegen, daß Karl
mitkomme, und versprachen ihm erstens, zeitweilig seinen Koffer zu tragen,
und zweitens, falls sie selbst Arbeit bekommen sollten, ihm eine
Lehrlingsstelle zu verschaffen, was, wenn nur überhaupt Arbeit vorhanden
sei, eine Leichtigkeit wäre. Karl hatte noch kaum zugestimmt, als sie ihm
schon freundschaftlich den Rat gaben, das schöne Kleid auszuziehen, da es
ihm bei jeder Bewerbung um eine Stelle hinderlich sein werde. Gerade in
diesem Hause sei eine gute Gelegenheit, das Kleid loszuwerden, denn die
Zimmerfrau betreibe einen Kleiderhandel. Sie halfen Karl, der auch
rücksichtlich des Kleides noch nicht ganz entschlossen war, aus dem Kleid
heraus und trugen es davon. Als Karl, allein gelassen und ein wenig
schlaftrunken, sein altes Reisekleid noch langsam anzog, machte er sich
Vorwürfe, das Kleid verkauft zu haben, das ihm vielleicht bei der Bewerbung
um eine Lehrlingsstelle schaden, bei der um einen besseren Posten aber nur
nützen konnte, und er öffnete die Tür, um die beiden zurückzurufen, stieß
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Buch Amerika"
Amerika
- Titel
- Amerika
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1927
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 212
- Schlagwörter
- Der Verschollene, Literatur, Schriftsteller, Erzählung
- Kategorien
- Weiteres Belletristik