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schwächer war, konnte er auch besondere kleine Aufträge annehmen, zum
Beispiel, einem Hotelgast, der sich nicht erst in sein Zimmer bemühen wollte,
eine im Zimmer vergessene Kleinigkeit zu holen, dann flog er in seinem in
solchen Augenblicken ihm besonders vertrauten Aufzug allein hinauf, trat in
das fremde Zimmer, wo meistens sonderbare Dinge, die er nie gesehen hatte,
herumlagen oder an den Kleiderrechen hingen, fühlte den charakteristischen
Geruch einer fremden Seife, eines Parfüms, eines Mundwassers und eilte,
ohne sich im geringsten aufzuhalten, mit dem meist trotz undeutlichen
Angaben gefundenen Gegenstand wieder zurück. Oft bedauerte er, größere
Aufträge nicht übernehmen zu können, da hierfür eigene Diener und
Botenjungen bestimmt waren, die ihre Wege auf Fahrrädern, ja sogar
Motorrädern besorgten. Nur zu Botengängen aus den Zimmern in die Speise-
oder Spielsäle konnte sich Karl bei günstiger Gelegenheit verwenden lassen.
Wenn er nach der zwölfstündigen Arbeitszeit drei Tage lang um sechs Uhr
abends, die nächsten drei Tage um sechs Uhr früh aus der Arbeit kam, war er
so müde, daß er geradewegs, ohne sich um jemanden zu kümmern, in sein
Bett ging. Es lag im gemeinsamen Schlafsaal der Liftjungen, die Frau
Oberköchin, deren Einfluß vielleicht doch nicht so groß war, wie er am ersten
Abend geglaubt hatte, hatte sich zwar bemüht, ihm ein eigenes Zimmerchen
zu verschaffen, und es wäre ihr wohl auch gelungen, aber da Karl sah, welche
Schwierigkeiten es machte und wie die Oberköchin öfters mit seinem
Vorgesetzten, jenem so beschäftigten Oberkellner, wegen dieser Sache
telephonierte, verzichtete er darauf und überzeugte die Oberköchin von dem
Ernst seines Verzichtes mit dem Hinweis darauf, daß er von den anderen
Jungen wegen eines nicht eigentlich selbsterarbeiteten Vorzuges nicht
beneidet werden wolle.
Ein ruhiges Schlafzimmer war dieser Schlafsaal allerdings nicht. Denn da
jeder einzelne die freie Zeit von zwölf Stunden verschiedenartig auf Essen,
Schlaf, Vergnügen und Nebenverdienst verteilte, war im Schlafsaal immerfort
die größte Bewegung. Da schliefen einige und zogen die Decke über die
Ohren, um nichts zu hören; wurde doch einer geweckt, dann schrie er so
wütend über das Geschrei der anderen, daß auch die übrigen noch so guten
Schläfer nicht standhalten konnten. Fast jeder Junge hatte seine Pfeife, so
wurde damit eine Art Luxus getrieben, auch Karl hatte sich eine angeschafft
und fand bald Geschmack an ihr. Nun durfte aber im Dienst nicht geraucht
werden, die Folge dessen war, daß im Schlafsaal jeder, solange er nicht
unbedingt schlief, auch rauchte. Infolgedessen stand jedes Bett in einer
eigenen Rauchwolke und alles in einem allgemeinen Dunst. Es war
unmöglich durchzusetzen, obwohl eigentlich die Mehrzahl grundsätzlich
zustimmte, daß in der Nacht nur an einem Ende des Saales das Licht brennen
sollte. Wäre dieser Vorschlag durchgedrungen, dann hätten diejenigen, welche
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Buch Amerika"
Amerika
- Titel
- Amerika
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1927
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 212
- Schlagwörter
- Der Verschollene, Literatur, Schriftsteller, Erzählung
- Kategorien
- Weiteres Belletristik