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wenig Verzichtleistung ausgleichen müsse. Obwohl ihm also hauptsächlich
seiner Arbeit wegen am Schlaf sehr gelegen war, beklagte er sich doch weder
gegenüber der Oberköchin, noch gegenüber Therese über die Verhältnisse im
Schlafsaal, denn erstens trugen im ganzen und großen alle Jungen schwer
daran, ohne sich ernstlich zu beklagen, und zweitens war die Plage im
Schlafsaal ein notwendiger Teil seiner Aufgabe als Liftjunge, die er ja aus den
Händen der Oberköchin dankbar übernommen hatte.
Einmal in der Woche hatte er beim Schichtwechsel vierundzwanzig
Stunden frei, die er zum Teil dazu verwendete, bei der Oberköchin ein, zwei
Besuche zu machen und mit Therese, deren kärgliche freie Zeit er abpaßte,
irgendwo, in einem Winkel, auf einem Korridor und selten nur in ihrem
Zimmer, einige flüchtige Reden auszutauschen. Manchmal begleitete er sie
auch auf ihren Besorgungen in der Stadt, die alle höchst eilig ausgeführt
werden mußten. Dann liefen sie fast, Karl mit ihrer Tasche in der Hand, zur
nächsten Station der Untergrundbahn, die Fahrt verging im Nu, als werde der
Zug ohne jeden Widerstand nur hingerissen, schon waren sie ihm entstiegen,
klapperten, statt auf den Aufzug zu warten, der ihnen zu langsam war, die
Stufen hinauf, die großen Plätze, von denen sternförmig die Straßen
auseinanderflogen, erschienen und brachten ein Getümmel in den von allen
Seiten geradlinig strömenden Verkehr, aber Karl und Therese eilten eng
beisammen in die verschiedenen Büros, Waschanstalten, Lagerhäuser und
Geschäfte, in denen telephonisch nicht leicht zu besorgende, im übrigen nicht
besonders verantwortliche Bestellungen oder Beschwerden auszurichten
waren. Therese merkte bald, daß Karls Hilfe hierbei nicht zu verachten war,
daß sie vielmehr in vieles eine große Beschleunigung brachte. Niemals mußte
sie in seiner Begleitung wie sonst oft darauf warten, daß die überbeschäftigten
Geschäftsleute sie anhörten. Er trat an das Pult und klopfte so lange mit den
Knöcheln darauf, bis es half, er rief über Menschenmauern sein noch immer
etwas überspitztes, aus hundert Stimmen leicht herauszuhörendes Englisch
hin, er ging auf die Leute ohne Zögern zu, und mochten sie sich hochmütig in
die Tiefe der längsten Geschäftssäle zurückgezogen haben. Er tat es nicht aus
Übermut und würdigte jeden Widerstand, aber er fühlte sich in einer sicheren
Stellung, die ihm Rechte gab, das Hotel Occidental war eine Kundschaft,
deren man nicht spotten durfte, und schließlich war Therese trotz ihrer
geschäftlichen Erfahrung hilfsbedürftig.
»Sie sollten immer mitkommen«, sagte sie manchmal, glücklich lachend,
wenn sie von einer besonders gut ausgeführten Unternehmung kamen.
Nur dreimal während der eineinhalb Monate, die Karl in Ramses blieb, war
er längere Zeit, über ein paar Stunden, in Thereses Zimmerchen. Es war
natürlich kleiner als irgendein Zimmer der Oberköchin, die wenigen Dinge,
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Buch Amerika"
Amerika
- Titel
- Amerika
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1927
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 212
- Schlagwörter
- Der Verschollene, Literatur, Schriftsteller, Erzählung
- Kategorien
- Weiteres Belletristik