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betrunken, daß er nicht wieder allein fortgehen konnte.«
Der Oberkellner sagte neben der Oberköchin halblaut vor sich hin: »Er kam
also zu Besuch und war nachher so betrunken, daß er nicht fortgehen konnte.
– Die Oberköchin flüsterte über die Schulter dem Oberkellner etwas zu, der
mit einem offenbar nicht zu dieser Sache gehörigen Lächeln Einwände zu
machen schien. Therese – Karl sah nur zu ihr hin – drückte ihr Gesicht in
völliger Hilflosigkeit an die Oberköchin und wollte nichts mehr sehen. Der
einzige, der mit Karls Erklärung vollständig zufrieden war, war der
Oberportier, welcher einigemal wiederholte: »Es ist ja ganz recht, seinem
Saufbruder muß man helfen«, und diese Erklärung jedem der Anwesenden
durch Blicke und Handbewegungen einzuprägen suchte.
»Schuld also bin ich«, sagte Karl und machte eine Pause, als warte er auf
ein freundliches Wort seiner Richter, das ihm Mut zur weiteren Verteidigung
geben könnte, aber es kam nicht, »schuld bin ich nur daran, daß ich den Mann
– er heißt Robinson, ist ein Irländer – in den Schlafsaal gebracht habe. Alles
andere, was er gesagt hat, hat er aus Betrunkenheit gesagt und ist nicht
richtig.«
»Du hast ihm also kein Geld versprochen?” fragte der Oberkellner.
»Ja«, sagte Karl, und es tat ihm leid, daß er das vergessen hatte, er hatte
sich aus Unüberlegtheit oder Zerstreutheit in allzu bestimmten Ausdrücken
als schuldlos bezeichnet. »Geld habe ich ihm versprochen, weil er mich
darum gebeten hat. Aber ich wollte es nicht holen, sondern ihm das Trinkgeld
geben, das ich heute nacht verdient hatte« Und er zog zum Beweise das Geld
aus der Tasche und zeigte auf der flachen Hand die paar kleinen Münzen.
»Du verrennst dich immer mehr«, sagte der Oberkellner. »Wenn man dir
glauben sollte, müßte man immer das, was du früher gesagt hast, vergessen.
Zuerst hast du also den Mann – nicht einmal den Namen Robinson glaube ich
dir, so hat, seit es Irland gibt, kein Irländer geheißen –, zuerst also hast du ihn
nur in den Schlafsaal gebracht, wofür allein du übrigens schon im Schwung
hinausfliegen könntest, Geld aber hast du ihm zuerst nicht versprochen, dann
wieder, wenn man dich überraschend fragt, hast du ihm Geld versprochen.
Aber wir haben hier kein Antwort- und Fragespiel, sondern wollen deine
Rechtfertigung hören. Zuerst aber wolltest du das Geld nicht holen, sondern
ihm dein heutiges Trinkgeld geben, dann aber zeigt sich, daß du dieses Geld
noch bei dir hast, also offenbar doch noch anderes holen wolltest, wofür auch
dein langes Ausbleiben spricht. Schließlich wäre es ja nichts Besonderes,
wenn du für ihn aus deinem Koffer hättest Geld holen wollen; daß du es aber
mit aller Kraft leugnest, das ist allerdings etwas Besonderes, ebenso wie du
auch immerfort verschweigen willst, daß du den Mann erst hier im Hotel
betrunken gemacht hast, woran ja nicht der geringste Zweifel ist, denn du
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Buch Amerika"
Amerika
- Titel
- Amerika
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1927
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 212
- Schlagwörter
- Der Verschollene, Literatur, Schriftsteller, Erzählung
- Kategorien
- Weiteres Belletristik