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»Wir sind gleich fertig«, sagte die Oberköchin und redete nun schneller auf
Karl ein: »Höre, Karl, so wie ich die Sache übersehe, bin ich noch froh, daß
der Oberkellner keine Untersuchung einleiten will; denn, wollte er sie
einleiten, ich müßte es in deinem Interesse verhindern. Niemand soll erfahren,
wie und womit du den Mann bewirtet hast, der übrigens nicht einer deiner
früheren Kameraden gewesen sein kann, wie du vorgibst, denn mit denen hast
du ja zum Abschied großen Streit gehabt, so daß du nicht jetzt einen von
ihnen traktieren wirst. Es kann also nur ein Bekannter sein, mit dem du dich
leichtsinnigerweise in der Nacht in irgendeiner städtischen Kneipe verbrüdert
hast. Wie konntest du mir, Karl, alle diese Dinge verbergen? Wenn es dir im
Schlafsaal vielleicht unerträglich war und du zuerst aus diesem unschuldigen
Grunde mit deinem Nachtschwärmen angefangen hast, warum hast du denn
kein Wort gesagt, du weißt, ich wollte dir ein eigenes Zimmer verschaffen
und habe darauf geradezu erst über deine Bitten verzichtet. Es scheint jetzt,
als hättest du den allgemeinen Schlafsaal vorgezogen, weil du dich dort
ungebundener fühltest. Und dein Geld hattest du doch in meiner Kassa
aufgehoben, und die Trinkgelder brachtest du mir jede Woche; woher, um
Gottes willen, Junge, hast du das Geld für deine Vergnügungen genommen
und woher wolltest du jetzt das Geld für deinen Freund holen? Das sind
natürlich lauter Dinge, die ich wenigstens jetzt dem Oberkellner gar nicht
andeuten darf, denn dann wäre vielleicht eine Untersuchung unausweichlich.
Du mußt also unbedingt aus dem Hotel, und zwar so schnell als möglich. Geh
direkt in die Pension Brenner – du warst doch schon mehrmals mit Therese
dort – sie werden dich auf diese Empfehlung hin umsonst aufnehmen –« und
die Oberköchin schrieb mit einem goldenen Crayon, den sie aus der Bluse
zog, einige Zeilen auf eine Visitenkarte, wobei sie aber die Rede nicht
unterbrach – »deinen Koffer werde ich dir gleich nachschicken. Therese, lauf
doch in die Garderobe der Liftjungen und pack seinen Koffer!« (Aber Therese
rührte sich noch nicht, sondern wollte, wie sie alles Leid ausgehalten hatte,
nun auch die Wendung zum Besseren, welche die Sache Karls dank der Güte
der Oberköchin nahm, ganz miterleben.)
Jemand öffnete, ohne sich zu zeigen, ein wenig die Tür und schloß sie gleich
wieder. Es mußte offenbar Giacomo gegolten haben, denn dieser trat vor und
sagte: »Roßmann, ich habe dir etwas auszurichten.«
»Gleich«, sagte die Oberköchin und steckte Karl, der mit gesenktem Kopf
ihr zugehört hatte, die Visitenkarte in die Tasche, »dein Geld behalte ich
vorläufig, du weißt, du kannst es mir anvertrauen. Heute bleib zu Hause und
überlege deine Angelegenheit, morgen – heute habe ich keine Zeit, auch habe
ich mich schon viel zu lange hier aufgehalten – komme ich zu Brenner, und
wir werden zusehen, was wir weiter für dich machen können. Verlassen werde
ich dich nicht, das sollst du jedenfalls schon heute wissen. Über deine
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Buch Amerika"
Amerika
- Titel
- Amerika
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1927
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 212
- Schlagwörter
- Der Verschollene, Literatur, Schriftsteller, Erzählung
- Kategorien
- Weiteres Belletristik