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Vom Tor her näherte sich ein junger Bursch mit zerfressener Nase und
hörte aus einer Entfernung von einigen Schritten zu. Gerade machte durch die
Straße ein Polizeimann die Runde, faßte mit gesenktem Gesicht den
hemdärmeligen Menschen ins Auge und blieb stehen.
Robinson, der den Polizeimann auch bemerkt hatte, machte die Dummheit,
aus dem anderen Fenster ihm zuzurufen: »Es ist nichts, es ist nichts!«, als ob
man einen Polizeimann wie eine Fliege verscheuchen könnte. Die Kinder,
welche den Polizeimann beobachtet hatten, wurden nun durch sein Stillstehen
auch auf Karl und den Chauffeur aufmerksam und liefen im Trab herbei. Im
Tor gegenüber stand eine alte Frau und sah starr hinüber.
»Roßmann!« rief da eine Stimme aus der Höhe. Es war Delamarche, der
das vom Balkon des letzten Stockwerks rief. Er selbst war nur schon recht
undeutlich gegen den weißlich blauen Himmel zu sehen, hatte offenbar einen
Schlafrock an und beobachtete mit einem Operngucker die Straße. Neben ihm
war ein roter Sonnenschirm aufgespannt, unter dem eine Frau zu sitzen
schien. »Halloh!« rief er mit größter Anstrengung, um sich verständlich zu
machen, »ist Robinson auch da?«
»Ja«, antwortete Karl, von einem zweiten, viel lauteren »Ja« Robinsons aus
dem Wagen kräftig unterstützt.
»Halloh!« rief es zurück, »ich komme gleich!«
Robinson beugte sich aus dem Wagen. »Das ist ein Mann«, sagte er, und
dieses Lob Delamarches war an Karl gerichtet, an den Chauffeur, an den
Polizeimann und an jeden, der es hören wollte. Oben auf dem Balkon, den
man aus Zerstreutheit noch ansah, obwohl ihn Delamarche schon verlassen
hatte, erhob sich nun unter dem Sonnenschirm tatsächlich eine starke Frau in
rotem, taillenlosem Kleid, nahm den Operngucker von der Brüstung und sah
durch ihn auf die Leute hinunter, die nur allmählich die Blicke von ihr
wandten. Karl sah in Erwartung Delamarches in das Haustor und weiterhin in
den Hof, den eine fast ununterbrochene Reihe von Geschäftsdienern
durchquerte, von denen jeder eine kleine, aber offenbar sehr schwere Kiste
auf der Achsel trug. Der Chauffeur war zu seinem Wagen getreten und putzte,
um die Zeit auszunutzen, mit einem Fetzen die Wagenlaternen. Robinson
befühlte seine Gliedschmerzen, schien erstaunt über die geringen Schmerzen
zu sein, die er trotz größter Aufmerksamkeit fühlen konnte, und begann
vorsichtig, mit tief geneigtem Gesicht, einen der dicken Verbände am Bein zu
lösen. Der Polizeimann hielt sein schwarzes Stöckchen quer vor sich und
wartete still, mit der großen Geduld, die Polizeileute haben müssen, ob sie
nun im gewöhnlichen Dienst oder auf der Lauer sind. Der Bursche mit der
zerfressenen Nase setzte sich auf einen Torstein und streckte die Beine von
sich. Die Kinder näherten sich Karl allmählich mit kleinen Schritten, denn
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Buch Amerika"
Amerika
- Titel
- Amerika
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1927
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 212
- Schlagwörter
- Der Verschollene, Literatur, Schriftsteller, Erzählung
- Kategorien
- Weiteres Belletristik