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sagte Fanny, nachdem sie einander begrüßt hatten, »sieh nur, was für eine
Arbeit ich bekommen habe.«
»Es ist ja schön«, sagte Karl und sah sich um. Alle Frauen in der Nähe
hatten schon Karl bemerkt und kicherten. »Du bist fast die Höchste«, sagte
Karl und streckte die Hand aus, um die Höhe der anderen abzumessen.
»Ich habe dich gleich gesehen«, sagte Fanny, »als du aus der Station kamst,
aber ich bin leider hier in der letzten Reihe, man sieht mich nicht, und rufen
konnte ich auch nicht. Ich habe zwar besonders laut geblasen, aber du hast
mich nicht erkannt.«
»Ihr blast ja alle schlecht«, sagte Karl, »laß mich einmal blasen.«
»Aber gewiß«, sagte Fanny und reichte ihm die Trompete, »aber verdirb
den Chor nicht, sonst entläßt man mich.«
Karl fing zu blasen an; er hatte gedacht, es sei eine grob gearbeitete
Trompete, nur zum Lärmmachen bestimmt, aber nun zeigte es sich, daß es ein
Instrument war, das fast jede Feinheit ausführen konnte. Waren alle
Instrumente von gleicher Beschaffenheit, so wurde ein großer Mißbrauch mit
ihnen getrieben. Karl blies, ohne sich vom Lärm der anderen stören zu lassen,
aus voller Brust ein Lied, das er irgendwo in einer Kneipe einmal gehört
hatte. Er war froh, eine alte Freundin getroffen zu haben und hier, vor allen
bevorzugt, die Trompete blasen zu dürfen und möglicherweise bald eine gute
Stellung bekommen zu können. Viele Frauen stellten das Blasen ein und
hörten zu; als er plötzlich abbrach, war kaum die Hälfte der Trompeten in
Tätigkeit, erst allmählich kam wieder der vollständige Lärm zustande.
»Du bist ja ein Künstler«, sagte Fanny, als Karl ihr die Trompete wieder
reichte. »Laß dich als Trompeter aufnehmen.«
»Werden denn auch Männer aufgenommen?« fragte Karl.
»Ja«, sagte Fanny, »wir blasen zwei Stunden lang. Dann werden wir von
Männern, die als Teufel angezogen sind, abgelöst. Die Hälfte bläst, die Hälfte
trommelt. Es ist sehr schön, wie überhaupt die ganze Ausstattung sehr kostbar
ist. Ist nicht auch unser Kleid sehr schön? Und die Flügel?« Sie sah an sich
hinab.
»Glaubst du«, fragte Karl, »daß auch ich noch eine Stelle bekommen
werde?«
»Ganz bestimmt«, sagte Fanny, »es ist ja das größte Theater der Welt. Wie
gut es sich trifft, daß wir wieder beisammen sein werden! Allerdings kommt
es darauf an, welche Stelle du bekommst. Es wäre auch möglich, daß wir,
auch wenn wir beide hier angestellt sind, uns doch gar nicht sähen.«
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Buch Amerika"
Amerika
- Titel
- Amerika
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1927
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 212
- Schlagwörter
- Der Verschollene, Literatur, Schriftsteller, Erzählung
- Kategorien
- Weiteres Belletristik